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Channel: Netz gegen Nazis - Rechtsextreme erkennen
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Das Rückspiel - Aufstieg oder nichts!

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Für die Magdeburger Fans geht es bei den letzten Spielen der Saison nun um den Aufstieg in die 3. Liga - also die Rückkehr in den Profifußball.
Redaktion FgN

Am vergangenen Sonntag spielte der BFC Dynamo auswärts gegen den 1. FC Magdeburg (1:1). Für alle, die sich mit DDR Fußball auskennen, treffen hier zwei große Namen im Jahr 2015 in der Regionalliga NordOst aufeinander. Leider auch zwei Clubs mit offensichtlichem Naziproblem.

Von Redaktion Fussball-gegen-nazis.de

Der 1.FC Magdeburg ist aktuell Spitzenreiter der Regionalliga Nord-Ost und hatte dank einer Niederlage des punktgleichen FSV Zwickau am Vortag die Möglichkeit sich mit 3 Punkten abzusetzen.  Der BFC Dynamo hingegen stand vor dem Spieltag auf dem 5. Tabellenplatz und hatte somit in dieser Saison nichts zu befürchten, aber auch keine Chancen auf den Aufstieg. Entsprechend gelassen reisten die Berliner Fans mit dem Zug nach Magdeburg, der trotz Bahnstreik pünktlich in Berlin abfuhr. In Magdeburg trafen sich die heimischen Fans mit Vorfreude vor dem Stadion und es wurde viel über den möglichen Aufstieg diskutiert. Selbst wenn die Magdeburg den ersten Platz halten könnte, wäre der Verein noch nicht sicher aufgestiegen sondern müsste sich noch in der Relegation gegen die Kickers Offenbach (1. Regionalliga SüdWest) durchsetzen.

Ziel ist die Rückkehr in den Profifußball

Die älteren Fans des BFC Dynamo erinnern sich noch an die 1980er zurück. Als Vorzeigeclub der DDR gewann der BFC zwischen 1979 bis 1988 zehn Mal in  Folge die Meisterschaft. So ruhmreich diese Jahre beim BFC waren, umso schmerzlicher war der sportliche Abstieg nach der Wiedervereinigung. Auch der 1.FCM war eine der absoluten Topmannschaften der DDR-Oberliga und konnte als einzige Mannschaft aus der DDR den Europapokal der Pokalsieger gewinnen. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands ging es aber auch für Magdeburg ins sportliche Niemandsland. Auf den Abstieg aus der Oberliga folgte der finanzielle Niedergang, sodass beide Mannschaften nach der Jahrtausendwende Insolvenz anmelden mussten. Seitdem ist man bemüht wieder an alte Erfolge anzuknüpfen und zumindest die 3. Liga und damit den professionellen Fußball zu erreichen.

Die erste Hälfte und der FCM

Zu Beginn des Spiels zeigten die FCM-Fans eine Choreografie über die komplette Nordtribüne, die von Fans aus Köthen (Anhalt) organisiert wurde. Unter den Wappen der Stadt Köthen und des 1.FCM war der Schriftzug "900 Jahre Coethen – 50 Jahre für den 1.FCM!" zu lesen. Sowohl auf dem Platz als auch auf den Rängen wurde die erste Hälfte von den Magdeburgern dominiert. Schon in den ersten fünf Minuten konnte der FCM mehrere Großchancen erspielen, aber vergab alle. Bis zur 25. Minute mussten sich die Fans aus Magdeburg gedulden, konnten nach dem Tor von Christian Beck aber endlich jubeln. Bis zur Halbzeit waren die Magdeburger klar überlegen und hatten das Spiel fest im Griff. Auch die Magdeburger Fans sorgten für einen sehr lauten Support. Die Stimmung war trotz der Brisanz, die das Aufeinandertreffen der beiden Vereine mitbringt, sehr gelassen.

Magdeburg zeigte eine schöne Choereo über den gesamten Block. (Bildquelle: Redaktion FgN)

Zur Pause Wurst und fragwürdige Mode

Schon kurz nach dem Pausenpfiff waren schier unendlich lange Schlangen vor den Toiletten und den diversen Grill- und Bierständen. Ein Blick auf die Wartenden offenbarte ein sehr fragwürdiges Modebewusstsein von den diversen Anhängern. Neben Hooliganmode von Hooligan Streetwear, Hoolywood und Stone Island waren diverse Marken, die sich in der rechten Szene großer Beliebtheit erfreuen, wie Thor Steinar und Erik&Sons, zu sehen. Auch rechtsextreme Zahlencodes wie 18 und 88  waren sowohl auf nackter Haut als auch auf diversen Shirts und Pullovern unübersehbar. Hinter der Gegengerade, wo sowohl Heim- als auch Gästefans an den Ständen und Toiletten aufeinandertreffen, entstand so eine einschüchternde Atmosphäre.

Der BFC und die zweite Halbzeit

Die Spieler des BFC kamen nach der Halbzeitpause hoch motiviert aus der Kabine. Direkt nach Wiederanpfiff begannen die Berliner wesentlich früher zu attackieren und konnten sich mehrere Chancen erspielen. Auch die Berliner Fans auf den Rängen wurden lauter und konnten mit den zahlenmäßig überlegenen Magdeburger-Fans mithalten. Bis zu Martin Zurawsky's Ausgleich in der 66. Minute hatte sich die Stimmung im Stadion gedreht. Der Ausgleichstreffer der Berliner wurde im Gästeblock mit mehreren Böllern gefeiert von denen einer auch auf dem Feld landete und relativ nah neben Dynamo-Schlussmann Stephan Flauder explodierte. Als Reaktion unterbrach der Schiedsrichter das Spiel für zehn Minuten bis sich der Dynamo-Anhang wieder einigermaßen beruhigt hatte. Nach dem Ausgleich wurde das Spiel härter und auch auf den Rängen nahmen Beleidigungen, leider allzu oft auch rassistische und homophobe, stark zu. Am Ergebnis änderte sich bis zum Schluss allerdings nichts mehr.

Der Gästeblock. (Bildquelle: Redaktion FgN)

Rechte Strukturen lassen sich nicht leugnen

Sowohl der 1.FC Magdeburg als auch der BFC Dynamo Berlin haben ein Problem mit rechten Hooligans. Sie sind in den Kurven stark vertreten und können den Raum "Fußballstadion" ohne Konsequenz für sich nutzen. Die schwarz-rote Landesregierung in Sachsen-Anhalt ist scheinbar auf dem rechten Auge blind oder verdrängt diese Probleme bewusst. Neben den offen rechten Hooligans gibt es auf den Rängen auch beim restlichen Publikum rassistische, homophobe und sexistische Beleidigungen, die kaum jemanden gestört haben. So werden Spieler und Schiedsrichter als Schwuchteln, Bimbos oder Zigeuner betitelt und die breite Masse nimmt es mit einem Grinsen und ohne Empörung hin. Solange die Probleme aber nicht offensiv angegangen sondern sogar relativiert werden, kann sich an dieser Symbiose aus Nazis, Hooligans und Alltagsrassismus der Mehrheit nicht viel ändern. 

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Konflikt in Bremen spitzt sich zu – Innensenat verschließt die Augen

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Vor dem letzten Heimspiel in Bremen änderte Hannes Ostendorf sein Facebookprofil und präsentiert nun dieses Bild kämpferischer Hooligans mit Hassmaske in Werder Bremen Farben. Die Kommentare der User sprechen für sich.
Screenshot Facebook // Fanpage Hannes Ostendorf

Am vergangenen Wochenende spielte der SV Werder Bremen sein letztes Heimspiel der Saison gegen Borussia Mönchen-Gladbach (0:2). Beobachter*innen und Fans erwarteten neue Angriffe rechter Hooligans, wie sie sich bei den vorherigen Spielen in der Hansestadt ereignet hatten. Zum Glück blieben diese aus – entspannt hat sich die Lage deshalb aber nicht.

Von Lina Morgenstern

Das Fußballwochenende mit dem letzten Heimspiel der Saison in Bremen blieb gewaltfrei. Das war nicht zu erwarten, nachdem im Nachgang der Spiele gegen den Hamburger SV und zwei Wochen später gegen Eintracht Frankfurt Angriffe von rechten Hooligans auf die mehrheitlich links orientierten Ultras erfolgt waren. Die Hooligans erschienen trotzdem vor Ort, im Umfeld des Stadion zeigten sie eine bedrohliche Präsenz. Vor dem Spiel wurde bekannt, dass nun auch das Fanprojekt in den Fokus der rechten Schläger geraten ist. Auf den Facebook-Profilen einschlägig rechter Organisationen tauchen immer wieder Steckbriefe auf, die die Mitarbeiter der sozialpädagogischen Einrichtung als Unterstützer von "Antifa Ultras Gewalttätern" auflisten und zur Selbstjustiz auffordern. Die Taktik ist nicht neu. Nachdem sich Ultras gegen die Angriffe beim Heimspiel Mitte April verteidigen mussten, erschienen schon Steckbriefe. Verbreitet wurden diese über Kanäle wie das Facebook-Profil der German Defence League, von wo aus auch Hannes Ostendorf, Sänger der Hooligan-Band Kategorie C, den Aufruf teilte.

Einer der bedrohten Fanprojektmitarbeiter ist Daniel Behm. Er schätzt die Lage deutlich ein: "Wir haben es hier mit rechten Gewalttätern zu tun, die teilweise seit Jahrzenten in deutschen Hooligan und Neonazistrukturen aktiv sind." Er ärgert sich, dass die Stadt aus dem Konflikt 2007, als rechte Hooligans eine Feier von antirassistischen Ultras im Fanprojekt angriffen, nichts gelernt hat. Im Verein ist seitdem viel passiert, der Vorfall wurde in der Fanszene aufgearbeitet und die Antidiskriminierungs-AG gegründet. In den Jahren danach gelang es Fans und Verein gemeinsam, Neonazis aus dem Stadion auszuschließen. Aber seit kurzem tauchen die Rechten um Hannes Ostendorf, dessen Name seit dem Angriff 2007 immer wieder fällt, vermehrt im Umfeld des Weser Stadions auf.

Hooligans schaffen Drohkulisse

Am 11.Mai aktualisierte Hannes Ostendorf sein Titelbild auf Facebook – es zeigt sportliche Männer in Angriffspose, die Hassmasken in Werder Bremen Farben tragen. Mutmaßlich handelt es sich hier um (Ex-)Mitglieder der Standarte Bremen, einer Gruppe die sich nach dem BGH-Urteil, das die Einstufung von Hooligangruppierungen als kriminelle Vereinigungen ermöglicht, vorsorglich aufgelöst hatte. Die Hooligans wollen zurück ins Stadion und in die Fanszene – das zeigen sie seit Wochen. Alle auf dem Bild tragen T-Shirts von Kategorie C, der Band, die nach der Einordnung gewaltsuchender Fans durch die Polizei in die "Kategorie C" benannt ist.

Verein ruft zu Widerstand ohne Gewalt auf – Angriffe gehen von den Hooligans aus

Auf der Website des Bremer Bundesligisten veröffentlichte der Verein vor dem Heimspiel am Samstag eine Erklärung zu den Geschehnissen der letzten Wochen. Der Präsident und Geschäftsführer des SV Werder Bremen rief zur Besonnenheit auf und sprach mit klaren Worten die politische Dimension des Konflikts an, der sich über das gesamte Stadtgebiet ziehe. "Mit Besorgnis beobachtet der SV Werder, dass im zeitlichen Zusammenhang mit unseren letzten Heimspielen im Stadtgebiet und außerhalb verstärkt rechtsextreme Gruppierungen Präsenz gezeigt haben. In daraus resultierende Auseinandersetzungen wurden auch friedliche Fußballfans und unbeteiligte Bürger mit Zivilcourage hineingezogen, die sich gegen dieses offensive Auftreten von Neonazis gewehrt haben. Leider wurden diese Vorkommnisse zuletzt immer wieder als Fußballkonflikte verharmlost", erklärte Dr. Hubertus Hess-Grunewald. In der Diskussion mit den Sicherheitsbehörden der Stadt setze man sich dafür ein, an diesem Punkt ein Umdenken zu erreichen.

Nicht nur, dass Bremen als einziges Bundesland der Deutschen Fußballliga DFL und damit den Profivereinen einen Teil der Einsatzkosten in Rechnung stellt, die sich durch die Absicherung der Werder Fans gegen Angriffe von Hooligans erhöht. Noch dazu tragen die unkoordinierten und teils gewaltverstärkenden Reaktionen der Polizei zu einer weiteren Eskalation der Lage bei. Und der Verein SV Werder Bremen erkennt nicht, warum er für Konflikte zahlen soll, die außerhalb des Stadions und ohne direkten Bezug zum Spiel ablaufen.

Bremer Innensenat auf dem rechten Auge blind

Im Bremer Innensenat geht man auch nach den erneuten Angriffen der Hooligans weiter von unpolitischer Fangewalt aus. "Die Gewalttätigkeiten zwischen einigen Ultras und Hooligans haben mit Politik nichts zu tun, auch wenn sich diese Ultras nach außen einen politischen Anstrich geben. Am Ende verhalten sie sich wie Gewalttäter, denen mit polizeilichen Mitteln Einhalt geboten werden muss", so die Pressesprecherin des Senators für Inneres und Sport. Daniel Behm ist entrüstet über solche Aussagen: "Solange der Bremer Innensenat nicht zugibt, dass wir es hier mit einem politischen Konflikt zu tun haben und die Angelegenheit als ´Fußballrivalität´ heruntergespielt wird, haben die Nazis in Bremen freie Bahn!"

Dabei geben sich besonders die Hooligans einen "politischen Anstrich". Das Milieu um Hannes Ostendorf und seine Band Kategorie C trat wiederholt bei Demonstrationen der Hooligans gegen Salafisten auf, die Band heizte diese an und bewirbt den Slogan weiterhin. Pavel Brunßen, Chefredakteur des Transparent Magazins und Kenner der Bremer Fanszene, sieht den neuen Aktivismus der Hooligans als Folge der HoGeSa Mobilisierung: "Eine HoGeSa-Demonstration wie in Köln wird es nicht so schnell wieder geben. Geblieben sind aber das Machtgefühl und eine breitere Vernetzung zwischen rechten Hooligans und Neonazis. In dem Kontext muss man auch die jüngsten Geschehnisse in Bremen sehen. Hier versuchen Personen, die auch bei HoGeSa beteiligt waren, wieder einen Fuß in die Tür zu setzen."

Hooligans erstarken bundesweit

Der Konflikt greift auch auf andere Fanszenen über. Zuerst in Essen, dann in Duisburg zeigten rechte Fans Spruchbänder, um sich mit der Bremer Hooligan-Szene zu solidarisieren. Das HoGeSa-Motto "In den Farben getrennt – in der Sache vereint" wirkt als Maxime weit über die islamfeindliche Mobilisierung des vergangenen Jahres hinaus. Daniel Behm vom Fanprojekt Bremen schätzt die Lage kritisch ein: "Bei den Angriffen nach dem Spiel gegen Frankfurt wurde die Dimension noch einmal deutlich: Bremer Neonazis hatten Unterstützung von Hooligans aus anderen deutschen Städten. Ich denke die Bedrohung hier in Bremen ist noch nicht vorüber."

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Neonazis veranstalteten Fußballturnier in Brandenburg

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Die NPD Potsdam-Mittelmark gratuliert den Siegern des Fußballturniers auf Facebook - ein Team mit dem unzweifelhaften Namen "Sturm Belzig".
Screenshot Facebook // NPD Potsdam-Mittelmark
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www.facebook.de

Am Wochenende veranstalteten Neonazis in Brandenburg-Mittelmark ein Fußballturnier, um Geld für die rechtsextreme "Gefangenenhilfe" zu sammeln. Zunächst war das Spiel von der Polizei unterbunden worden, konnte dann aber auf einem öffentlichen Sportplatz in Grabow stattfinden. Den Fußball zur Mitgliederwerbung zu nutzen, ist eine bekannte Neonazi-Strategie.

Von Lina Morgenstern

Am Samstag versammelten sich etwa 50 Neonazis zum "Nationalen Fußballturnier", das als Benefizveranstaltung für die rechtsextreme "Gefangenenhilfe" stattfand. Getroffen hatten sich die Rechtsextremen in Kloster-Lehnin, doch zum Anstoß kam es nicht. Die Stadt hatte als Eigentümerin des Sportplatzes die Veranstaltung untersagt. Die Polizei nahm die Personalien der Anwesenden auf und untersagte die Nutzung des Platzes.

Im Anschluss begaben sich die rechten Fußballer*innen nach Grabow, dem Wohnort von Maik Eminger, der das Turnier veranstaltete. Eminger ist deutschlandweit als Nazi-Szenegröße bekannt, sein Zwillingsbruder André Eminger wird derzeit im NSU-Prozess wegen Beihilfe zum versuchten Mord und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Maik verweigerte als Zeuge im Prozess die Aussage und unterstrich seine politische Haltung durch das Tragen eines T-Shirts mit der Aufschrift "Brüder schweigen", einem Spruch in Anspielung aus das "Treuelied" der SS.

In Grabow konnte das Turnier schließlich auf einem öffentlich zugänglichen Platz stattfinden, die "Gefangenenhilfe" Brandenburg feiert das derzeit als "Sieg auf ganzer Linie" gegen "die Staatsmacht". Organisations- und parteiübergreifend waren Vertreter*innen aller rechtsextremen Parteien vom III. Weg, über die NPD und deren Jugendorganisation JN bis hin zu "Die Rechte" vor Ort, außerdem kamen zahlreiche Mitglieder freier Kameradschaften.

Fußballturniere schweißen die rechte Szene zusammen

Auf ihrer Website beschreibt die Gefangenenhilfe selbst, wie wichtig derartige Sportveranstaltungen für die rechte Szene sind, das "(…) schweißt uns zusammen und sorgte nicht zuletzt zu unserem Fußballturnier für einen starken Rückhalt". Auch der brandenburgische Verfassungsschutz wertet diese Turniere als identitätsstiftend. Der letzte bekannt gewordene Fußballwettbewerb fand in Wünsdorf statt und wurde von der neu gegründeten JN Brandenburg veranstaltet. "Mit solchen Veranstaltungen sollen neue Mitglieder gewonnen sowie Interessenten und ´Freie Kräfte´ an die JN gebunden werden", schreibt der Verfassungsschutz.

In Grabow ging es jedoch auch darum, Geld für die Unterstützung von rechtsextremen Straftäter*innen zu sammeln. Deren "Gefangenenhilfe" scheint als Nachfolgeorganisation der 2011 verbotenen"Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (kurz "HNG") zu fungieren. Die sammelt Spenden und unterstützt Rechtsextreme, nach einer Verurteilung aufgrund von Gewalt- oder Propagandadelikten, klärt aber auch über die aktuelle Rechtslage auf und sichert juristische Unterstützung zu, wenn die Ermittlungen noch laufen. Darüber hinaus nutzen Neonazis Gefängnisaufenthalte um ihre rassistische und rechtsextreme Propaganda zu verbreiten. Nicht selten radikalisieren sich rechte und rassistische Gewalttäter*innen im Gefängnis und werden nach der Haftentlassung gefeiert.

Maik Eminger ist Führungskopf der regionalen Neonazi-Szene

Zentrale Figur des Wochenendes war Maik Eminger, der sich für die Veranstaltung des Turniers verantwortlich zeigte. Er ist regionaler Hauptakteur der "Gefangenenhilfe", die im vergangenen Herbst in Brandenburg an der Havel unter dem Motto "Solidarität gegen staatliche Repressionen" demonstrierte. Anmelderin war damals zwar die NPD, organisiert wurde die Kundgebung laut Verfassungsschutz jedoch von der neonazistischen Rechtshilfe-Organisation. Hauptredner war Maik Eminger. Beide Eminger Brüder traten auch auf Veranstaltungen der PEGIDA-Ableger in Brandenburg, Leipzig und München in Erscheinung, weil man sich in diesem Rahmen besonders gut "gegen die Asylpolitik des herrschenden Systems erheben" könne. In Leipzig erschien Maik Eminger mit einem Transparent der Kampagne "Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung", die besonders in Brandenburg präsent ist und auch auf Facebook gegen vermeintlich zu hohe Zahlen von Asylsuchenden hetzt. Offenbar ist die Kampagne Teil des Versuchs, PEGIDA für die Neonaziszene zu reklamieren.

Rechtsextreme Kontinuität im Fußball

Das Benefizspiel am Wochenende war das erste seiner Art für die "Gefangenenhilfe", weitere sollen folgen. Dass Neonazis den Fußball für ihre Zwecke nutzen, ist leider nichts Neues. Schon in den 1980/90er Jahren brachten sich Rechtsextreme aktiv in den Fankurven ein, rechte Parteien rekrutierten in der Fanszene. Die Anschlussversuche wurden bis heute an den meisten Standorten der Profivereine gut unterbunden. Jedoch zeigt sich eine rechtsextreme Kontinuität meist bei unterklassigen Vereinen und mit der Gründung eigener Spielgemeinschaften, wie in Sachsen-Anhalt mit dem 1. FC Ostelbien Dornburg, der beständigen Nutzung des beliebten Sports für die Verbreitung rechter Ideologie. Dem gilt es entschieden entgegen zu treten.

 

Lieber zum Antirassistischen Fußballturnier?

20. Juni, Affi-Cup der Antifaschistischen Fußballfan-Initiative in Chemnitz

20. Juni, Keine Eintracht mit Nazis-Turnier in Braunschweig

04. Juli, Antirassistisches Fußballfest StandUp! Cup in Düsseldorf

11. Juli, Antira-Cup des Akubiz e.V. in Lohmen bei Pirna

... to be continued

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Wenn ein Nazi Jugendliche im Fußball trainiert – Skandal beim SV Waren 09

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Sieht ganz wie ein Hitlergruß aus, soll nach Rene D. aber keiner sein. Unverkennbar trotzdem das T-Shirt mit der Aufschrift "Crew 38", einer Unterstützergruppe der rechtsextremen Hammerskins. Das Bild ist inzwischen aus dem öffentlichen Bereich von Facebook verschwunden.
Screenshot Facebook // Wir-sind-Müritzer.de
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http://www.wir-sind-mueritzer.de/allgemein/waren-09-suspendiert-trainer-wegen-nazi-vorwuerfen/#jp-carousel-36668

Beim SV Waren 09 wurde die E-Jugend jahrelang von einem Mann trainiert, dessen Nähe zur rechtsextremen Ideologie jetzt öffentlich wurde. Der Verein suspendierte den Trainer zunächst, dieser kündigte die Zusammenarbeit inzwischen selbst auf. Dass Neonazis in den Amateur- und Jugendsport drängen, ist eine bekannte Strategie. Im vermeintlich unpolitischen Sport können Rechtsextreme gut anknüpfen.

Von Lina Morgenstern

Im ländlichen Raum mangelt es an Trainern im Jugendfußball, Vereine suchen händeringend nach Ehrenamtlichen. Kein Grund, einen Neonazi als Trainer zu beschäftigen. Das dachte man sich nun auch beim SV Waren 09, der kürzlich seinen E-Jugendtrainer Rene D. suspendierte. Gegen ihn waren Vorwürfe laut geworden, dass er neonazistische Ideologie teilt. Der Verein wollte die Vorwürfe zunächst prüfen und sich dabei Unterstützung vom Landesfußballverband holen. Inzwischen hat der Beschuldigte den Trainerjob selbst an den Nagel gehängt, um seine Familie zu schützen, wie er gegenüber einem Onlineblog erklärte.

Auf dem Facebookprofil von Rene D. finden sich einige interessante Bands, wie die Rechtsrocker "Legion of Thor". (Quelle: Screenshot Facebook)

Augenscheinlich sind die Vorwürfe dabei schon länger. Auf Facebook teilte der Trainer Bilder, die eine rechtsextreme Gesinnung nahe legen. Ein Bild zeigt ihn gemeinsam mit Freunden, den rechten Arm zum Hitlergruß erhoben. Rene D. trägt auf dem Foto ein T-Shirt mit der Aufschrift "Crew 38", einer internen Unterstützergruppe der rechtsextremen Hammerskins. Auf einem anderen Bild präsentiert er mit zwei Kumpanen Wettkampfurkunden und Pokale, im Hintergrund hängt die Kaiserreichflagge. Zu sehen ist auch eine CD der Nazi-Band "Wolfsrudel". Die Tonträger der Musikgruppe wurden zum Teil von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert. Rene D. mag außerdem die Musik von Dee Ex, einer Künstlerin die gegen "Multikulti" und "Überfremdung" rappt. Und ihm gefällt die Skinheadband "Legion of Thor", die in der Berliner "Blood and Honour" Szene beheimatet sind. "Blood and Honour" ist ein europaweit organisiertes Neonazinetzwerk, dessen Konzerte und Veröffentlichungen als klassischer Einstieg in die Neonazi-Szene gelten.

Der Regionalblog "Wir sind Müritzer" bekam als einziges Medium ein Interview mit Rene D. "Ich bin ein Mensch mit einer eigenen Meinung. Die sage ich und die hat nichts mit irgendwelchen politischen Richtungen zu tun. Aber ich gebe zu, dass ich Ansichten vertrete, die bei vielen als rechts gelten. Ein Nazi bin ich aber nicht", erklärte er dort.

Schon im Juli 2014: "Kraft durch Freude"

Im Juli 2014 änderte D. sein Profilbild in ein "Kraft durch Freude" Logo. Die Nationalsozialistische Gemeinschaft "Kraft durch Freude" (KdF), diente unter dem NS-Regime dem Zweck, die Freizeit der Deutschen zu gestalten, zu überwachen und gleichzuschalten. Sportliche Betätigung war wesentlich, um ideologischen Zusammenhalt zu fördern und nicht zuletzt die Kriegsbereitschaft der Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Somit ist es nicht verwunderlich, wenn sich ein rechtsextremer Jugendtrainer damit identifiziert. Rene D. will von der Bedeutung und Geschichte der KdF nichts gewusst haben, die in seinem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern einige Freizeitanlagen, wie auf Prora, betrieb.

Sportsfreude unter sich. Links im Bild die CD von "Wolfsrudel", Albumtitel "Freiheit für das deutsche Land". (Quelle: Screenshot Facebook)

Eltern der E-Jugendspieler sind entrüstet

"So etwas geht nicht. Und erst recht nicht in einem Sportverein", zitiert der Nordkurier eine Mutter. Sie erklärt in der Zeitung weiter, dass es schon Diskussionen wegen eines mutmaßlich rechtsextremen Tattoos und eines Thor-Steinar-Shirts gegeben habe. Viele kritisieren den Verein dafür, nicht eher reagiert zu haben. Ex-Jugendobmann Thomas Röhr scheint das nicht zu stören, obwohl er zugibt, schon auf das Tattoo angesprochen worden zu sein. Im Nordkurier wird er deutlicher: "Der macht einen super Job. Er opfert sehr viel Freizeit für die Kinder. Fast jedes Wochenende ist er mit ihnen unterwegs. Und das auch erfolgreich."

Anders der stellvertretende Vereinschef, er erklärte gegenüber der Zeitung, dass ein Nazi im Verein nichts verloren habe. "Wir distanzieren uns im Verein davon und werden die Sache mit allen Konsequenzen aufklären", betonte Stephan Zickuhr. Zunächst wollte man den Beschuldigten selbst befragen. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, "dann ist er raus. Alternativen gibt es da nicht", machte Zickuhr deutlich.

"Lassen Sie die Kirche im Dorf"

Im Internet sympathisieren viele User mit dem Jugendtrainer. "Lassen Sie mal die Kirche im Dorf" fordern die einen, andere finden die Ausgrenzung von Nazis sei undemokratisch und extremistisch. Im Grundtenor erklären die Meisten, dass die rechte Gesinnung mit dem Sport nichts zu tun habe, so lange er seinen Job gut mache und seine Meinung für sich behalte. Davon ist allerdings nicht auszugehen, wenn man die öffentlichen Äußerungen von Rene D. auf Facebook liest. Auch wenn Freund*innen von ihm die Bilder gepostet haben und nicht er selbst, so hätte er die Markierungen löschen und die Verbreitung der Bilder unterbinden können.

Nazis unterwandern gezielt Sportvereine

Dass Nazis gezielt in den Amateur- und Jugendsport strömen, ist keine neue Strategie. Vor drei Jahren war der VfB Pommern Löcknitz in die Diskussion geraten, weil ein NPD Politiker als Schiedsrichter bei Jugendspielen gepfiffen hatte. In der Arbeit haben die Trainer*innen und Schiedsrichter*innen einen nicht unerheblichen Einfluss auf die soziale Entwicklung von Jugendlichen und ihre zukünftige politische Verortung. "Im Sinne einer Normalisierungsstrategie geht es in einem ersten Schritt darum, nicht negativ aufzufallen und Vertrauen aufzubauen. Auf dieser Basis lässt sich in einem zweiten Schritt Ideologie einbringen und Überzeugungsarbeit leisten. Diese Art von ´Unterwanderung´ trifft nicht nur, aber eben auch Sportvereine. Als vermeintlich unpolitische Orte werden sie von Nazis genutzt, um ihre Ideologie zu verbreiten und Sympathisant*innen zu gewinnen. Werte, wie Leistungsorientierung und Gemeinschaft, die im Sport gelebt werden, können Anknüpfungspunkte für rechtsextreme Ideologie sein", schreiben dazu die Autor*innen einer neuen Broschüre der Amadeu Antonio Stiftung zu Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern.

Um solche Bestrebungen zu verhindern,  heißt es in der Satzung des Landesfußballverbandes: "Der LFV M.-V. ist parteipolitisch und religiös neutral. Er tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen und anderen diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen entschieden entgegen." Beim SV Waren 09 fehlt eine solche Formulierung in der Satzung, was es Neonazis leichter macht, Fuß zu fassen.

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Bremen? Für Hooligans wohl ein rechtsfreier Raum

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Mit einem Plakat wird in der Verdener Straße inzwischen vor den Nazi-Hooligans gewarnt. Besonders im "Verdener Eck" treffen sich rechte Hooligans in der letzten Zeit wieder gern zum Fußballschauen. Es liegt nahe dem Weser Stadion.
Redaktion FgN

Beim Nordderby in Bremen griffen rechte Hooligans eine Gruppe linker Fußballfans an, im Nachgang stießen die Gruppen erneut aufeinander, weil die Polizei die Ultras in die falsche Richtung trieb. Anfang Juli wurde nun ein junger Bremer Ultras inhaftiert – und auf einer Pressekonferenz als Hauptverdächtiger präsentiert. Identifiziert werden konnte er durch ein Video, das auch Bremer Hooligans im Internet verbreiten.

Von Lina Morgenstern

Seit einigen Wochen fordern verschiedene Fangruppen bundesweit "Free Valentin". Valentin wurde am 2.Juli in Bremen verhaftet, weil gegen ihn unter anderem als Hauptverdächtiger der Gewalttaten in Bremen beim Nordderby im April ermittelt wird. Er sitzt weiterhin in Untersuchungshaft. Vier weitere gemeinschaftlich begangene Gewalttaten werden ihm vorgeworfen, sie sollen sich im vergangenen Jahr ereignet haben. Warum der zu den Tatzeitpunkten 20jährige erst jetzt verhaftet wurde, kann nur im Kontext der Bremer Ermittlungspolitik gelesen werden. 

Die Polizei ist auf dem rechten Auge blind

"Rechts oder links, Ultras oder Hooligans, das ist egal, wir akzeptieren keine Gewalt in Bremen. Und wir verfolgen die Straftaten, egal von welcher Seite", verlautbarten die SprecherInnen der Polizei Bremen auf der Pressekonferenz zum Stand der Ermittlungen nach dem Nordderby. Die Auseinandersetzungen in Bremen hatten mit einem Angriff von Hooligans auf eine Gruppe Ultras begonnen, die kurz vor Spielende an einer Fußballkneipe in der Verdener Straße nahe dem Weserstadion vorbeikamen. Bremer Hooligans, unter ihnen Hannes Ostendorf, Sänger der rechten Hooliganband "Kategorie C" und seit seinen Auftritten bei HoGeSa bundesweit bekannt, schauten das Spiel in der Kneipe. Der Angriff geschah laut ZeugInnen unter den Augen von Szenekundigen Polizeibeamten (SKB), die an Spieltagen eingesetzt werden, um Fußballfans und besonders bekannte Gewalttäter im Blick zu behalten. Nach eigenen Worten trennte die Polizei kurz darauf die Lager und die Gruppe Ultras konnte zum 100m entfernten Osterdeich am Stadion fliehen.

"Dort wurde die Gruppe von der Polizei gekesselt. Kurz darauf kamen wir aus dem Stadion und stießen zu den Angegriffenen", erzählte ein junger Ultra, der lieber anonym bleiben möchte. Seine Aussagen decken sich mit denen von Fanprojektmitarbeiter Daniel Behm, der vor Ort gewesen ist. Die Polizei riegelte das Gelände ab und räumte den Osterdeich. Mit einer sogenannten Sprinträumung rannten die BeamtInnen unter Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray in die Menge der Fußballfans und trieben diese zurück in die Verdener Straße, in die Arme der Hooligans. Die Straße ist klein. Selbst wenn es stimmt, dass die Polizei nur eine einzige Sprinträumung einleitete, war die Richtung für die 150 Fußballfans zwangsläufig die falsche. Zurück an der Fußballkneipe "Verdener Eck" eskalierte die Situation, hier ist auch das Video entstanden, das die Ermittlungen der Polizei leitet. Und das von den Hooligans selbst im Internet verbreitet wurde.

Bremer Ermittlungsbehörden ignorieren den politischen Hintergrund des Konflikts

Warum die Ultras überhaupt in die Verdener Straße zurück mussten und nicht über einen anderen Weg vom Osterdeich weggeleitet werden konnten, beantwortet Polizeisprecher Dirk Simmering auch auf Nachfrage nicht. Er betont einzig das konsequente Vorgehen der Polizei, um Gewalttaten zu verhindern und zu verfolgen. Diese wurden beim Nordderby jedoch nicht verhindert, eher provoziert, kritisieren die Fanprojektmitarbeiter Thomas Hafke und Daniel Behm.

Die Ermittlungen nach dem Nordderby gehen vor allem in die Richtung der linken Bremer Ultras. "Eine Ermittlung gegen die Hooligans läuft, weil ich Hannes Ostendorf angezeigt habe. Er hatte im Nachgang auf Facebook einen Steckbrief mit einer Gewaltdrohung veröffentlicht, unter anderem gegen mich, jedoch ebenso gegen Politiker und Journalisten", erklärt Thomas Hafke. Auch Wilko Zicht von den Grünen ist auf dem Steckbrief zu sehen. Er sitzt in der Bremischen Bürgerschaft und ist innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Für ihn ist der Eindruck nach der Pressekonferenz der Polizei fatal. "Das ist nicht nur ein Fußballkonflikt, sondern ein politischer Konflikt innerhalb der Bremer Fanszene. Die Hooligans spüren seit HoGeSa Oberwasser, wohl deshalb wagten sie diesen Angriff", sagt er. Der SV Werder Bremen wertete das ähnlich, der Verein gab nach den Vorfällen eine Pressemitteilung heraus, die den linken Ultras den Rücken stärkte, aber auch zu Gewaltfreiheit aufrief.

Bremer Hooligans sind bekannte Nazis und Gewalttäter

Bremer Ultras haben eine eigene Chronik erstellt, mit der sie die rechtsextreme Gesinnung und die Gewaltbereitschaft der Bremer Hooligans dokumentieren. Sie zählen seit elf Jahren 33 gewalttätige Übergriffe auf Bremer Ultras und 55 Einschüchterungsversuche. Daneben belegen sie Demonstrationsteilnahmen von den Bremer Hooligans, die besonders als Ordner mit einer "Schutzfunktion" auftraten.

Die Schnittmengen zwischen Hooligans und Nazis sind auch anderweitig gut dokumentiert. Spiegel TV berichtete schon 2014 über bekannte Rechtsextreme wie NPD Mitglied Daniel Fürstenberg, der länger in der Bremer Hooliganszene aktiv war. Oder André Sagemann, er war der Kopf der offiziell aufgelösten rechtsextremen Hooligangruppe "Standarte Bremen". Immer wieder fällt auch der Name von Hannes Ostendorf, der mit seiner Band "Kategorie C" den Soundtrack für HoGeSa und für rechtsextreme Hooligans liefert. Sein Bruder Henrik Ostendorf ist ein großer Name und bundesweit in der Naziszene vernetzt. Gemeinsam waren die Brüder Mitglied bei "Standarte Bremen", Henrik vertritt die Gruppe heute noch im Impressum der Website. Laut Verfassungsschutz ist er darüberhinaus "Drahtzieher im internationalen Netzwerk zwischen NPD, NS-SKin-Milieu und der Hooliganszene". Bei den letzten Heimspielen in Bremen soll er vor Ort gewesen sein. Im letzten Jahr wies das Innenministerium von Niedersachsen die Verbindung von Bremer Hooligans und Rockermilieu nach, Unterstützer der Hells Angels sympathisieren mit den gewaltbereiten Fußballfans. Es sind richtig schwere Jungs, kampfsporterfahren und gewaltbereit. Ihnen gegenüber stehen häufig jugendliche Ultras, aus einem bürgerlichen Milieu, die wenig gewaltaffin sind.

Mit einem weiteren Plakat versucht man in Bremen über die Nazis in der Hooliganszene aufzuklären. Vielleicht sollte auch eins im Polizeipräsidium hängen. (Quelle: Redaktion FgN)

Vertrauen zur Polizei brach schon 2007

Warum aufgrund der zahlreichen An- und Übergriffe der Hooligans nicht ermittelt wird, liegt auch daran, dass sie selten zur Anzeige kommen. Die Ultras fühlen sich nach eigenen Aussagen und aus ihren Erfahrungen heraus durch die Polizei nicht geschützt. 2007 wurden sie bei einer Party im Fanprojekt durch Hooligans angegriffen, die Ermittlungen liefen schleppend. "Es gab damals keine Hausdurchsuchungen und keine Festnahmen, obwohl 60 Zeugen bei der Polizei ausgesagt haben. Der Prozess wurde lange verschleppt und erst 2011 am Amtsgericht verhandelt, das für den Fall aufgrund seiner politischen Dimension meines Erachtens nach gar nicht zuständig gewesen wäre. Die Zeugen wurden nicht einmal gehört und am Ende ein Vergleich geschlossen, der die sieben angeklagten Hooligans mit Geldstrafen und ohne Verurteilung laufen ließ", erzählt Hafke. Er war damals selbst beim Prozess, erinnert sich an die Einschüchterungsversuche und maskierte Nazi-Hooligans im Gerichtsgebäude. Das Fanprojekt wurde vom Gericht nicht als Nebenkläger akzeptiert, so dass es auch nicht in Revision gehen konnte, um den Fall in der höheren Instanz neu aufzurollen.

Passiver Selbstschutz der Ultras statt Dialog mit der Polizei?

2007 wurde für die Bremer Fußballszene ein Wendepunkt. Einerseits politisierte sich die Szene, setzt sich seitdem zivilcouragiert gegen die Nazis in der Kurve ein und konnte sie aus der Fanszene ausschließen. Andererseits brach 2007 das Vertrauen der jugendlichen Ultras in die Staatsgewalt. Aus Angst ihre Namen und Adressen in den Ermittlungsakten für die Anwälte der angezeigten Hooligans lesbar zu machen, gehen sie auch nach Angriffen nicht mehr zur Polizei. Diese will laut Polizeisprecher Simmering trotzdem weiter auf den Dialog mit der Fanszene setzen. "Es muss die Frage gestellt werden, was den Ultras anderes übrig bleibt, als tatsächlich einen Selbstschutz zu organisieren? Auf eine Polizei, die sich nicht für die Ursachen oder Verursacher der Auseinandersetzungen interessiert und den Konflikt als unpolitisch entkontextualisiert, können sie sich jedenfalls nicht verlassen" schreibt Pavel Brunßen, Chefredakteur vom Transparent Magazin und Kenner der Bremer Fußballszene auf Vice Sports. Er fordert ein Umdenken der Ermittlungsbehörden, um den jahrelangen Konflikt zu entschärfen und den Hooligans nicht weiter in die Hände zu spielen.

Verein SV Werder Bremen bleibt konsequent gegen Rechtsextreme

Till Schüssler, Fanbetreuer beim SV Werder Bremen beurteilt den Konflikt deutlich. "Das hat nichts mit Fußball zu tun". Der Verein ist froh, dass die rechten Hooligans nicht mehr im Stadion präsent sind und er will sie auch weiter heraus halten. Für ihn spielt sich dieser politische Konflikt innerhalb der Stadtgesellschaft ab. "Wenn die Hooligans ins Stadion zurück wollen, werden wir das klar handhaben. Unser Ordnungsdienst ist sehr gut geschult, Hinweisen der Fans wie auf rechtsextreme Kleidung wird nachgegangen. Bei problematischem Verhalten sind auch lokale Stadionverbote möglich", erklärt er. Aber noch beobachtet er keine Rückkehr der Hooligans in den Fanblock.

Wilko Zicht von den Grünen betont, dass die Politik nun klare Kante zeigen müsse und den antirassistischen Fans den Rücken stärken sollte. "Dem Innensenator stünde es gut zu Gesicht, sich einmal ähnlich unmissverständlich wie der SV Werder zu äußern. Die Entpolitisierung des Konflikts spielt den Nazis in die Hände."

Das Nordderby wurde übrigens vom Land Bremen mit 30.000 Euro an die Deutsche Fußballliga in Rechnung gestellt. Es war eins der Hochrisikospiele, deren Kosten laut Senatsbeschluss vom organisierten Fußball selbst getragen werden sollen. Hoch riskant sind zur Zeit aber vor allem die falsche Einschätzung der Gefahrenlage durch die Bremer Polizei und der erneute Freifahrtschein für die Bremer Hooligans. Und diese Kosten muss nicht der Fußball, sondern die Gesellschaft tragen. Die Rolle der Polizei ist es, Straftaten zu verfolgen. Egal, von welcher Seite. Und das ernsthaft.

"Werder Fan crossing" steht im Fenster des "Verdener Eck", das auch noch die Zeichen der Auseinandersetzungen trägt. Vielleicht täte die Wirtschaft gut daran, auf gewaltbereite Fans zu verzichten. (Quelle: Redaktion FgN)
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Da tut sich was! Antidiskriminierungsarbeit bei Borussia Dortmund

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Beim Spiel gegen Hannover 96 im Oktober 2014 zeigten BVB Fans auf der kompletten Südtribüne Spruchbänder gegen Nazis.
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Im Oktober 2014 berichtete Henning Rennekampüber die Dortmunder Fanszene und die gemeinsam mit dem Verein gestarteten Aktionen gegen Neonazis und Rassismus im Umfeld von Borussia Dortmund. Neun Monate später hat sich einiges getan, doch rechte Hooligans und Neonazis versuchen weiter immer im Umfeld des BVB zu agitieren.

Von Redaktion Fussball-gegen-Nazis.de

In der Sommerpause ist es rund um Testspiele von Borussia Dortmund  vermehrt zu Aktionen von rechten Hooligans und organisierten Neonazis aus Dortmund gekommen. Beim Testspiel der zweiten Mannschaft des BVB am 9. Juni in Lünen gerieten Neonazis und Hooligans aus dem Umkreis der Dortmunder Hooligangruppe "Borussenfront" mit Ultras der Gruppe "The Unity"aneinander. Auch beim Testspiel der ersten Mannschaft gegen den VfL Bochum am 18. Juli war eine große Gruppe Dortmunder Neonazis, die vor allen Dingen der Partei "Die Rechte" zuzuordnen sind, auf der Suche nach körperlichen Auseinandersetzungen mit Bochumer Fans.

Klare Stellungnahme des Vereins

Nach den Vorfällen beim Spiel in Bochum, äußerte sich der BVB deutlich und forderte die eigenen Fans auf "sich rechtsextremen Gruppierungen weiterhin entschlossen und solidarisch, dabei aber jederzeit gewaltfrei entgegen zu stellen." Außerdem stellte der Verein klar: "Borussia Dortmund steht für Vielfalt, Toleranz und distanziert sich durch sein Engagement deutlich von Rassismus und Diskriminierung."Ähnlich wie zuletzt Werder Bremen positioniert sich der BVB damit eindeutig gegen rechte Hooligans und Neonazis. Doch nicht nur der Verein geht gegen die  Rechten nun in die Offensive. "Ein Großteil der Fans möchte sich gegen Diskriminierung und Neonazis engagieren. Wir als Verein versuchen sie dabei natürlich wo es nur geht zu unterstützen" sagte Daniel Lörcher, Fanbeauftragter des BVB, über das Engagement der Dortmunder Fans.

Ultragruppen positionieren sich gegen Rassismus

Eine der Kernfragen von Henning Rennekamp vor neun Monaten war, ob sich die beiden Ultragruppen "The Unity" und "Jubos" in Zukunft offen und klar gegen rechte Tendenzen positionieren werden. Auf der Dortmunder Südtribüne haben die Ultras gerade für junge Fans eine nicht zu unterschätzende Vorbildfunktion.  Nachdem am 1. Mai 2015 Ultras von Schalke 04 eine Demo der Partei "Die Rechte" blockierten, kündigte diese ein "spannendes Derby" an. Die "Jubos" bezogen daraufhin mit einem Spruchband "@DieRechte: Ihr habt mit unserem Derby nicht zu tun. Verpisst euch!" klar gegen die als Nachfolgeorganisation des verbotenen "Nationalen Widerstand Dortmund" geltende Partei Stellung. Die Auseinandersetzungen beim Spiel in Lünen zeigen, dass auch Ultras von "The Unity" Neonazis im Umfeld des BVB nicht mehr dulden. Die Unterstützung eines Protestcamp von Flüchtlingen durch Dortmunder Fans und Ultras macht deutlich, dass antirassistische Arbeit inzwischen ein wichtiger Teil der aktiven Fanszene geworden ist.

Klare Botschaft der "Jubos" für die Partei "Die Rechte": Die soll verschwinden. (Quelle: Schwatzgelb.de)

Neonazis meiden die aktiven Fans – rekrutieren aber im Publikum der 2. Mannschaft

Die Rechten besuchen als Gruppe bewusst keine Pflichtspiele der ersten Mannschaft, um den Ultras, die sich inzwischen klar gegen Nazis positionieren, aus dem Weg zu gehen. "Personen aus dem Kreis der Borussenfront und auch der Partei "Die Rechte" versuchen bei Testspielen und auch bei Spielen der 2. Mannschaft Präsenz zu zeigen. Gerade wenn die 2. Mannschaft parallel mit der 1. spielt, wie zuletzt in Münster" beschreibt Lörcher das Ausweichen der Rechten vor der Dortmunder Fanszene. Beim letzten Saisonspiel in Münster zeigte eine größere Gruppe  rechter Hooligans eine Halbzeit lang eine Zaunfahne mit der Aufschrift "Borussenfront – Ein Mythos stirbt nie". Da die 1. Mannschaft des BVB am gleichen Tag ein Heimspiel gegen Werder Bremen hatte, konnten sich die rechten Hooligans offen bewegen. Rund um die Spiele der Dortmunder Zweitvertretung versuchen sie außerdem junge Fans die aufgrund von Stadionverboten die Spiele des Bundesligateams nicht besuchen dürfen zu rekrutieren.

Der BVB ist auf einem guten Weg

"Die jüngsten Entwicklungen in der Ultraszene und im Verein stimmen uns mehr als positiv. Nur zusammen können wir uns dem braunen Pack entgegenstellen und die BVB-Familie vor Rechtsradikalen schützen" schreibt die Initiative "Ballspiel.vereint" nach den Vorkommnissen in Bochum. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, "langfristig einen antidiskriminierenden Grundkonsens in der Dortmunder Fanszene zu etablieren". Die DortmunderInnen sind auf einem guten Weg Neonazis und rechte Hooligans komplett aus dem Umfeld des BVB zu vertreiben. Jetzt gilt es die positive Entwicklung sowohl innerhalb der Fanszene als auch beim Verein zu nutzen und langfristig antirassistische und antidiskriminierende Arbeit zu etablieren. Auch wenn Nazis beim BVB inzwischen glücklicherweise nicht mehr toleriert werden und auch außerhalb des Westfalenstadions mit Gegenwehr zu kämpfen haben, gibt es wie bei jedem anderen Verein im Kampf gegen jegliche Form der Diskriminierung noch einiges zu tun.

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Ein Fußballclub voller Neonazis

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So schön kann Fußball sein, hier beim Kreispokal im Jerichower Land, im Bild Blau-Weiß Niegripp. Mit dem FC Ostelbien Dornburg dagegen will kaum noch eineR auf den Platz, zu oft eskalierte die Gewalt.
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In Sachsen-Anhalt bedroht ein rechtsextremer Kreisligist seit Jahren Spieler und Schiedsrichter. Der Verband möchte ihn ausschließen. Doch so einfach ist das nicht.

Von Christian Spiller, Erstveröffentlichung auf Zeit.de

Michael Pieper war der erste Schiedsrichter, der "Nein" sagte, schon vor vier Jahren. Er kannte die Spieler, die damals den FC Ostelbien Dornburg gründeten. Er wusste, "was das für eine Klientel war", sagt er. Ein paar von ihnen hatten zuvor in anderen Vereinen der Gegend gespielt und Pieper hatte ihre Beschimpfungen gehört. "Judenschweine" oder "Euch haben sie in Auschwitz vergessen". Nein, Spiele von Ostelbien würde er ganz bestimmt nicht pfeifen. "Ich will nicht in meiner Freizeit um Leib und Gesundheit fürchten müssen", sagt er.

Mittlerweile hat Pieper Gesellschaft bekommen. 59 von 65 Schiedsrichtern des Kreisverbandes Jerichower Land in Sachsen-Anhalt weigern sich, Spiele der Dornburger zu leiten. "Die wollen sich das nicht mehr antun", sagt Pieper. Auch vier Vereine haben vor der Saison erklärt, nicht mehr gegen den Neonazi-Club anzutreten.

Der FC Ostelbien Dornburg verbreitet seit Jahren in der Kreisliga Furcht und Einschüchterung. Schiedsrichter werden bedroht, Gegenspieler brutal gefoult oder rassistisch beleidigt. Zu den Spielen rückt mittlerweile routinemäßig die Polizei an, manchmal mit bis zu 40 Beamten. Der Verein ist von Neonazis durchsetzt, 15 von 18 Spielern sind laut Recherchen von MDR und Mitteldeutscher Zeitung dem Landesverfassungsschutz von Sachsen-Anhalt als Rechtsextremisten bekannt.

Wesemann trägt die Nummer 18, klar

Ein TV-Beitrag des MDR aus dem Juli zeigt die Mannschaft bei einem Spiel in Paplitz. Erst schubst der Torwart einen Gegenspieler um, nach der Partie schlägt ein Spieler namens Dennis Wesemann den Gegner nieder, woraufhin sich eine Massenschlägerei entwickelt. Ein anderer Spieler schreit den Schiedsrichter an: "Du brauchst Dich nicht wundern, wenn wir Dich irgendwann mal anstecken."

Im Januar griffen Spieler von Ostelbien bei einem Hallenturnier in Gommern den Schiedsrichter und Zuschauer an. Und bei einem Ortsbesuch der Tageszeitung wurde ein Kosovo-Albaner in den Reihen des Dornburg-Gegners SG Blau-Weiß Niegripp von Dennis Wesemann bespuckt. Ein anderes Mal sprang Wesemann einem Gegner mit offener Sohle in den Rücken. Er trägt die Nummer 18, in der Neonazi-Szene der Code für die Initialen von Adolf Hitler.

Dennis Wesemann hat das Sagen beim FC Ostelbien. Und nicht nur dort. Er wurde immer wieder bei Neonazi-Kundgebungen gesehen und hat die gewaltbereite Hooligan-Vereinigung Blue White Street Elite gegründet, in der ein Großteil der Ostelbien-Fußballer aktiv sein soll. Die Hooligans traten lange rund um Spiele des 1. FC Magdeburg auf. Ein zeitweiliges Verbot musste das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt aber wieder aufheben.

Normalität vortäuschen

Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruchs und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wurden auch gegen Wesemann eingeleitet. Bestraft wurde er nie, dafür aber in den Ortschaftsrat der Gemeinde Stresow gewählt, als Parteiloser, mit den meisten aller Stimmen.

Der Fußball kommt den Neonazis gelegen, der Club hat für sie einen hohen symbolischen Wert. Mit ihm täuschen sie Normalität vor, und nutzen ihn für Gewaltpropaganda und Angriffe auf Minderheiten. David Begrich von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus des Vereins Miteinander e. V. beschäftigt sich seit einiger Zeit mit dem FC Ostelbien. Er sagt: "Der Club ist ein Indiz für die Normalisierungs- und Durchdringungsfunktion der Neonazis im Jerichower Land."

Menschen dort würden eingeschüchtert, bedroht und beleidigt. Viele hätten Angst, würden aber schweigen. "Es geht gar nicht so sehr um Gewalt, sondern darum, eine dauerhafte Drohkulisse aufzubauen", sagt Begrich. Es sei nicht verwunderlich, dass Wesemann nie bestraft worden sei, weil sich oft niemand gefunden habe, der gegen ihn aussagen wollte.

Nun aber erwägt der Landessportbund Sachsen-Anhalt (LSB) ein Ausschlussverfahren. "Die unsportlichen, einschüchternden und gewalttätigen Aktionen der Spieler des FC Ostelbien Dornburg haben in diesem Jahr Dimensionen angenommen, die meiner Meinung nach einen Ausschluss des Vereins rechtfertigen", heißt es vom LSB-Vorstandsvorsitzenden Lutz Bengsch.

Am Donnerstag hatte der Fußballverband Sachsen-Anhalt (FSA) auf einer Präsidiumssitzung darüber beraten, ein Ausschlussverfahren einzuleiten. Ein Ergebnis will er aber erst am 11. August präsentieren. Erst dann könnte der LSB entscheiden. Das hätte man früher haben können, sagen Kritiker. "Die Fakten, die auf dem Tisch liegen, sind alle nicht neu", sagt David Begrich. Erst jetzt, nach dem Schiedsrichterstreik und nachdem der Fall in vielen Zeitungen stand, ist der Druck auf die Verbände größer geworden.

"Der Verband vertrat damals den Standpunkt: 'Solange sich Ostelbien an die Regeln hält, blenden wir den Hintergrund aus.' Aber diese Trennung funktioniert nicht", sagt Begrich. Der Verband müsse sich auch dafür interessieren, was die Dornburger abseits des Fußballplatzes tun.

Schon 2011 gescheitert

Gegenüber dem MDR verteidigte sich der Präsident des FSA, Erwin Bugar, der auch im Jerichower Land lebt: "Wir haben nicht geschlafen, wir haben uns auch nicht weggeduckt. Wir haben mit dem Landessportbund und dem Sportministerium entsprechende Aktivitäten entwickelt und werden jetzt zeitnah versuchen, dieses Problem zu lösen."

Die zögerliche Haltung des Verbands hat einen Grund. Momentan scheint der Fall klar. Nazis, die sich nicht einmal an die Regeln halten, haben in der Liga nichts zu suchen. Was aber wäre passiert, wenn sie sich ruhig verhalten hätten? Nazis verbieten, Fußball zu spielen, nur weil sie Nazis sind, das geben die Statuten kaum her. Schon 2011 versuchte der FSA, die Aufnahme des Neonazi-Clubs in die Liga zu verhindern. Vor dem Landgericht aber klagte Ostelbien Dornburg das Spielrecht ein.

Jetzt geht es um den Paragrafen 8, Satz 3, Punkt c) der Satzung des LSB, der festlegt, dass ein Ausschluss "bei einem groben Verstoß gegen sportliches Verhalten oder gegen die Interessen des LSB, insbesondere durch Kundgabe und Duldung extremistischer, rassistischer, fremdenfeindlicher, sexistischer und homophober Gesinnung im Verein" erfolgen kann. Sollte der Verein Einspruch einlegen, müsste ein Gericht entscheiden.

Vermissen würde sie niemand

"Wenn man alle Vorfälle rund um Ostelbien bestrafen würde, bräuchte man den Verein nicht verbieten. Dann hätte sich das Thema erledigt, weil sie keine Spieler mehr hätten", sagt ein gegnerischer Trainer. Hinter vorgehaltener Hand heißt es im Jerichower Land, dass sich viele Schiedsrichter nicht trauten, Strafen gegen die Neonazis zu verhängen oder bei Vorkommnissen das Sportgericht einzuschalten. Dazu passt, dass Wesemann im Spiel gegen Niegripp mitwirkte, obwohl er eigentlich gesperrt war.

Michael Pieper ist gespannt auf die Entscheidung der Verbände. Ein Ausschluss könnte noch im August möglich sein. Vermissen würde Pieper die Neonazis nicht. Und damit ist er nicht allein. Eigentlich, sagt er, hoffe der ganze Fußballkreis, dass Ostelbien ausgeschlossen wird.

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"Kein Fußball den Faschisten!"– FSA beantragt Ausschluss vom FC Ostelbien Dornburg

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Die Fanatico Boys Heidenheim haben keinen Platz für Nazis im Albstadion. Auch auf Sachsen-Anhalts Fußballplätzen wird die Luft dünn für Rechtsextreme. Endlich.
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Am Dienstag erklärte der Fußballverband Sachsen-Anhalt FSA nun offiziell, dass er den Ausschluss des Kreisligisten 1. FC Ostelbien Dornburg aus dem Landessportbund LSB beantragt. Ein erster Verbotsversuch scheiterte 2011. Seit Monaten ist öffentlich bekannt, dass im Verein zahlreiche Rechtsextreme aktiv sind, auch der Verfassungsschutz des Landes hat seine Einschätzung diesbezüglich nachkorrigiert.

Von Lina Morgenstern

Der Fußballverband Sachsen-Anhalt begründet seinen Antrag auf Ausschluss des Fußballvereins aus dem Jerichower Land mit dem Verstoß des Vereins gegen die Grundsätze des Verbandes der Gewalt- und Diskriminierungsfreiheit. "Der LSB wirkt mit seinen Mitgliedsorganisationen gegen Fremdenfeindlichkeit, politischen Extremismus, Gewalt, Gewaltverherrlichung und Homophobie", heißt es in der Erklärung. Diesen Grundsätzen entspräche der FC Ostelbien Dornburg nicht. "Im Jahr 2015 kam es zu einer Häufung von Verstößen gegen das Fairplay sowie grober Unsportlichkeiten und Diskriminierungen."

Anfang August war bekannt geworden, dass sich 49 von 56 SchiedsrichterInnen weigerten, die Partien des Kreisligisten in der kommenden Saison zu pfeifen. Auch mehrere Vereine gaben bekannt, nicht mehr gegen den Verein spielen zu wollen. Dies hatte eine bundesweite Diskussion angestoßen, die längt überfällig war. Schon im Januar berichtete dieses Portalüber den Verein und seine rechten MitstreiterInnen. Bei einem Fußballspiel in Gommern Anfang des Jahres waren Mitglieder des Vereins nach einer roten Karte für den Kapitän Dennis Wesemann auf Zuschauer losgegangen, mindestens eine Person wurde verletzt. Die rote Karte erhielt der Mannschaftskapitän, weil er den Schiedsrichter mit Gewalt bedroht hatte. Später am Tag versammelten sich zum Teil die gleichen Täter in Magdeburg und pöbelten in einer Diskothek. Dabei zeigten die Hitlergrüße. Nachdem sie die Disko verlassen mussten, beleidigten sie auf dem Weg zum Bahnhof mehrere Iraker. Damals war berichtet worden, dass die Täter der rechten Magdeburger Hooligangruppe "Blue White Street Elite" angehören, aus deren Umfeld auch der FC Ostelbien Dornburg gegründet wurde.

Probleme um Rechtsextremismus beim Verein waren lange bekannt

"Ich finde es gut, dass der Fußballverband Sachsen-Anhalt nun reagiert hat und auch der Landessportbund über den beantragten Ausschluss entscheiden muss. Ich bedauere, dass das nicht früher geschehen ist. Die Einschätzungen zum Verein und Berichte über rechte Vorkommnisse bei Spielen sowie die Hintergründe zu seinen rechten Mitspielern sind seit Jahren bekannt", erklärte Sebastian Striegel, er sitzt für die Grünen im Landtag Sachsen-Anhalts und begleitet den FCOD schon lange kritisch.

Im Juli dokumentierte das Magazin MDR Exakt den Verein, die rechtsextreme Gesinnung und die Gewalttätigkeit seiner Mitglieder und SympathisantInnen. In der taz erschien im April der erste Spielbericht von einer Partie des FC Ostelbien Dornburg. In der Zeitung wurde geschildert, wie ein Gegenspieler besonders vom FCOD Kapitän Dennis Wesemann rassistisch beleidigt und körperlich angegangen wurde. Trotzdem musste der Betroffene, nicht der Täter, das Feld verlassen, der Trainer wechselte den Spieler, Fitim Cimili, aus. "So macht Fußball keinen Spaß mehr. Der Verein gehört verboten", äußerte er kurz nachdem er gehen musste. Der Schiedsrichter der Partie ließ den FCOD gewähren.

Beide Medien berichten auch über das Klima der Angst, dass der Verein verbreitet, SpielerInnen und ZuschauerInnen wollten nur anonyme Aussagen treffen. "Ich will doch keinen Hausbesuch von Herrn Wesemann und seinen Kameraden", lauteten Aussagen der Befragten. Man kennt sich auf dem Land. Und auch SchiedsrichterInnen müssen um ihre Sicherheit fürchten, wie der Fall in Gommern zeigt.

Dennis Wesemann ist der bekannteste Kopf

Wesemann ist Gründungsmitglied der "Blue White Street Elite", rechtsextremer Kommunalpolitiker im Jerichower Land und Stürmer beim Amateurverein FC Ostelbien Dornburg. Seine Rückennummer ist die "18", ein bei Neonazis beliebter Code für "AH" oder "Adolf Hitler". Er trägt kein NPD-Parteibuch, aber fällt seit Jahren durch rechtsradikale Bestrebungen auf, ist mehrfach vorbestraft, viele nennen ihn "Neonazi". Auch der Verfassungsschutz schätzt in MDR Exakt ein, dass er eine Person ist, die "... aktiv in die örtliche rechtsextremistische Szene im Jerichower Land eingebunden (ist)". Er ist Ortsbeirat in Stresow, dem Dorf, in dem zur Landtagswahl 2011 jede*r Vierte die NPD gewählt hat. Im Juli 2014 kandidierte er als Oberbürgermeister, griff sogar einen Gegenkandidaten tätlich an. Sebastian Striegel erklärte zur Kandidatur Wesemanns gegenüber MDR Exakt: "Dennis Wesemann ist jemand, der seit Jahren in der neonazistischen Szene unterwegs ist. Der selbst durch antisemitische Äußerungen aufgefallen ist. Der mit in einem rechten Fußballverein ist. Und so jemand will als Nichtdemokrat demokratischer Ortsbürgermeister werden, das kann nicht sein." Striegel kritisiert den Verfassungsschutz heute besonders dafür, dass er den Verein so lange falsch einschätzte. "Ich denke aber, es ist gut, dass der VS den Verein nun als das erkannt hat, was er ist: ein Verein von Nazis für Nazis. Besser spät, als nie."

Erster Verbotsversuch scheiterte vor Gericht

Der FCOD wurde von Neonazis und Hooligans gegründet. Trainer, Spieler und Vorstand, die meisten haben hier rechte Weltanschauungen, auch einige polizeibekannte Hooligans gehören dem Verein an. Der Landessportbund Sachsen-Anhalt hatte zwar nach der Gründung die Anerkennung als Sportverein verweigert, war damit aber in einem Schnellverfahren vor Gericht gescheitert und nicht in die Revision gegangen. In Sachsen-Anhalt stellt sich die Situation schwierig dar. Sportgerichtsbarkeit und Verbandsfunktionäre unterstreichen immer wieder die Trennung von Vereinssport und Lebenswelt sowie politischer Einstellung und Betätigung der Vereinsmitglieder. Solange der FCOD nicht als politisch rechtsextremer Akteur auftrat, konnte er in der Kreisliga problemlos weiter spielen. "Was abseits vom Spielfeld passiert und dass der Verein eine Heimstatt für mehr oder weniger organisierten Neonazis ist, scheint für den Fußballverband und die Kreisliga irrelevant", kritisiert David Begrich vom Magdeburger Verein Miteinander e.V.

Nun soll mit dem Ausschlussverfahren ein zweiter Anlauf gestartet werden. Auch der Tenor der beiden Sportverbände hat sich geändert. "Ich denke, die Chancen hängen maßgeblich von der juristischen Beratung des Landessportbunds ab. Sie stehen aber gut, da beide Verbände, Landessportbund und Fußballverband, in ihren Satzungen klare Regelungen gegen Gewalt und Rassismus treffen. Wer im organisierten Sport mitmachen will, muss auch für demokratische Werte einstehen", erklärt Striegel von den Grünen.

Verfassungsschutzeinschätzung: erst kein Problem, jetzt doch?

In seiner Einschätzung haben sich auch das Innenministerium und der Verfassungsschutz verändert. Noch im März spielten sie das Problem gegenüber diesem Portal herunter. Man sprach nicht, wie jetzt, von aktiven Neonazis im Verein, sondern nur von Personen, gegen die Verfahren aufgrund politisch rechts motivierter Straftaten liefen. "Dennoch liegen hier keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich beim FC Ostelbien Dornburg um eine rechtsextremistische Bestrebung handelt, die sich aktiv und geschlossen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richtet", erklärte der Pressesprecher Thomas Krings damals. Auch auf Anfrage ist noch keine geänderte Stellungnahme aus dem Innenministerium eingegangen.

Inzwischen ist die Einschätzung des Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt eingegangen (14.08.2015), diese im Wortlaut:

"Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt ordnet rund 15 Vereinsmitglieder des FC Ostelbien Dornburg, darunter viele der aktiven Spieler, dem Rechtsextremismus zu. Trotz dieser relativ hoher Schnittmenge liegen weiterhin keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich beim Verein FC Ostelbien Dornburg um eine rechtsextremistische Bestrebung im Sinne des § 4 Abs. 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt handelt, die sich aktiv und geschlossen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richtet."

 

P.S. "Kein Fußball den Faschisten!" ist übrigens eine Losung, die im St.Pauli Stadion Hamburg prangt, keine vom LSB oder FSA getätigte Aussage. 

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Vernetzung von Neonazis und Hooligans wurde durch HoGeSa offensichtlich

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HoGeSa
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Was mit Facebook-Gruppen begann und sich bei Kundgebungen mit wenigen hundert Teilnehmenden fortsetzte, mündete 2014 in Köln in eine der seit Jahren größte deutsche Nazi-Demonstration. Die Ereignisse während der „Hooligans gegen Salafisten“-Demonstration stellen die Kulmination einer Entwicklung dar, die schon länger deutlich zu beobachten war: die fortschreitende Vernetzung von rechtsgerichteten Fußballfans und organisierten Rechtsradikalen.

Von Pavel Brunßen (Transparent Magazin)

Im Oktober 2014 kam es in Köln zu einem offen rechtsextremen Aufmarsch mit mehr als 4.500 Teilnehmenden. Unter dem Motto „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) hatten die OrganisatorInnen es seit Jahren erstmals wieder geschafft, unterschiedliche Organisationen und Gruppen gemeinsam zu einem rechtsextremen Aufmarsch auf die Straße zu bringen. Die Werbung wurde öffentlich auf Facebook gemacht: Bis zum Zeitpunkt der Demonstration klickten rund 40.000 Personen den „Gefällt mir“-Button für die „HoGeSa“-Seite und etwa 7.000 kündigten in dem sozialen Netzwerk ihre Teilnahme in Köln an. Zeitgleich mobilisierten jedoch auch Hooligans und Nazis ihre Anreisen konspirativ.

Aus der Demonstration heraus kam es immer wieder zu Angriffen auf JournalistInnen, PassantInnen und auf ein asiatisches Restaurant. Die Polizei war mit der Situation vor Ort überfordert. Bilder von Randale dominierten in den folgenden Tagen die Titelseiten bundesweiter Zeitungen.

Köln war der entscheidende Höhepunkt

In den Kreisen der Hooligans war im Anschluss vom „Wunder von Köln“ die Rede. Im November 2014 kamen zur „HoGeSa“-Kundgebung in Hannover weniger als 3.000 Teilnehmende, viele verließen die Veranstaltung vorzeitig. Anfang 2015 spaltete sich die Gruppierung „Gemeinsam Stark Deutschland“ (GSD) ab, ihrem ersten Demonstrationsaufruf folgten im Februar 2015 nur 400 Personen nach Ludwigshafen. „HoGeSa“ meldet inzwischen keine eigenen Aktionen mehr an, ruft jedoch zur Teilnahme an „GSD“-Veranstaltungen auf.

Die gewaltaffinen und erlebnisorientierten „HoGeSa“-Teilnehmenden konnten nach Köln nicht noch einmal in vergleichbarer Zahl mobilisiert werden. Rechte Hooligans fanden allerdings ein weiteres Betätigungsfeld, so spielen sie eine zentrale Rolle bei Demonstrationen der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA) sowie deren Ablegern in ganz Deutschland. Hier ist eine Aufgabenteilung zu beobachten: Während die Hooligans vor allem am Rande der Demonstrationen als inoffizielle Ordner aktiv sind und Andersdenkende einschüchtern, posieren andere für die Presse. In manchen Städten sind Personen aus dem Fußballmilieu in die Organisation eingebunden. Immer wieder kommt es bei verschiedenen *Gida-Demonstrationen zu eigenen Blocks von rechten Hooligans.

„HoGeSa“ vor Köln – „Die Omis müssen uns lieb haben“

Hooligans traten erstmals Anfang Februar 2014 „gegen Salafisten“ in Erscheinung: Etwa 150 rechte Hooligans störten eine Salafisten-Kundgebung in Mönchengladbach. Im März folgte eine vergleichbare Aktion in Mannheim. Ihre Aktionen koordinierten sie zu diesem Zeitpunkt über die geschlossene Facebook-Gruppe „Weil Deutsche sich’s noch trau’n!“. Im Mai 2014 machte der Journalist Christoph Ruf auf die dort formulierte Strategie der Hooligans aufmerksam. Er zitierte einen Beitrag aus der Gruppe: „Wenn wir uns unsere Straßen zurück holen wollen, dann sollte das nach dem Schema 'aus dem Volk und für das Volk' erfolgen. Die Omis müssen uns lieb haben.“ Rechte Hooligans sehen sich dabei in einem Abwehrkampf gegen alles vermeintlich Fremde. Die Gegner („Salafisten“) sind jedoch zweitranging und austauschbar. Vielmehr geht es um die Konstruktion eines homogenen deutschen Volkes, seinen Schutz und um die Demonstration von Macht.

Zusammenschlüsse rechter Hooligans mit entsprechender Ausrichtung gab es schon vorher: Anfang 2012 berichteten Medien über das Netzwerk „GnuHonnters“, in dem sich 17 Hooligangruppierungen zusammengeschlossen hatten. Dem Netzwerk wurden etwa 300 Personen zugeordnet. Zu den Zielen des Netzwerkes gehörte „die Herstellung alter Werte, keine Antifa im Stadion und Meinungsfreiheit zurückgewinnen“. Es ist wahrscheinlich, dass die „GnuHonnters“ eine Vorreiterrolle für „HoGeSa“ spielten.

„Kategorie C“ und der rechtsextreme „Kampf um die Kurven“

Bereits Anfang der 1980er Jahre rief Michael Kühnen, damals eine Führungsfigur der extremen Rechten, zum „Kampf um die Stadionkurven“ auf. Damit traf er unter anderem bei der Dortmunder Hooligangruppierung „Borussenfront“ einen Nerv. Deren bekanntestes Mitglied Siegfried Borchardt galt als Schnittstelle zwischen Kühnens „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationaler Aktivisten“ und der rechten Hooliganszene. Auch bei verschiedenen HoGeSa-Veranstaltungen war Borchardt anwesend. Hooliganismus weist mit Wertvorstellungen wie Macht, Stärke und Männlichkeit eine große Nähe zu denen des Rechtsextremismus auf.

Eine weitere Schnittstelle zur extremen Rechten ist die Band „Kategorie C – Hungrige Wölfe“, die nach der polizeilichen Kategorie C für gewaltsuchende Fans benannt ist. Die Konzerte der Band gelten als Treffpunkt für rechtsoffene Jugendliche, rechte (Partei-)Kader und Hooligans. „Kategorie C“ spielte auch auf der Kölner HoGeSa-Demonstration und verbreitet seitdem ihren eigens getexteten „HoGeSa“-Song.

Gegenbewegungen

Inzwischen distanzierten sich Fanbündnisse wie „ProFans“ und das „Bündnis Aktiver Fußballfans“ (BAFF) öffentlich von „HoGeSa“ und eine Vielzahl von Vereinen reagierten mit dem Verbot von „HoGeSa“-Symbolen in ihren Stadien auf deren Auftreten. Die Polizei schien kein zweites Köln zu wollen. Schon bei der „HoGeSa“-Kundgebung in Hannover reagierte man mit einem großen Polizeiaufgebot und strengen Auflagen. Man gestaltete den Tag für die Teilnehmenden so unangenehm wie möglich, zahlreiche gelangweilte Hooligans verließen die Kundgebung bereits vor ihrem Ende. Dem erlebnisorientierten Teil von „HoGeSa“ konnte so die Entfaltungsmöglichkeit genommen werden. Auch war der Gegenprotest in Hannover zahlreicher, als in Köln.

Rechte Hooligans fallen nicht nur bei „HoGeSa“ auf. Im Jahr 2007 waren Mitglieder der Bremer Hooliganszene an einem Angriff auf antirassistische Bremer Ultras beteiligt. Diese Gewalttat steht am Anfang einer Reihe von Vorfällen, bei der Ultras aufgrund ihres Engagements gegen Rassismus angegriffen wurden. Die „Aachen Ultras“ zogen sich infolge rechtsextremer Übergriffe 2013 sogar komplett aus dem Stadion zurück.

Erfolgserlebnisse wie dieses haben den rechten Hooligans nach ihrem Rückgang aus den Kurven in den 1990er Jahren wieder das nötige Selbstbewusstsein gegeben und hatten Einfluss auf das aggressive Auftreten der Kölner „HoGeSa“-Demonstration. Zwar verfügen die rechten Hooligans nicht mehr über das Mobilisierungspotential, wie 2014 in Köln. Trotzdem haben sie durch die Demonstrationen auf der Straße neuen Auftrieb erhalten. Die Langzeitfolgen werden sich in den Fankurven der verschiedenen Vereine zeigen. Die mehrfachen Angriffe von Bremer Hooligans auf linke Ultras im Frühjahr 2015 sind dafür ein erstes Indiz. „Das Wunder von Köln“ wird sich zwar nicht wiederholen, aber das Problem mit rechten Hooligans ist nicht kleiner geworden.

 

Dieser Text ist ein Auszug aus der Broschüre von Fussball-gegen-nazis.de "Fairplay statt Hass - Was wir gegen Menschenverachtung und rechtsextreme Ideologien im Fußball machen können", die am im September 2015 erscheint. Watch out!
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Rückblick auf 2015: Rassistische Mobilsierungen vs. Willkommenskultur für Geflüchtete

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In Bremen konnten Nazihooligans im vergangenen Jahr anscheinend machen, was sie wollten. Eine Plakataktion versuchte vor den gewalttätigen Zeitgenossen in der Hansestadt zu warnen.
Redaktion FgN

Anfang 2015 spaltete sich die Gruppe "Hooligans gegen Salafisten" und zeigt sich seitdem in Zerfallserscheinungen. Ungebrochen scheint die rassistische Mobilisierung der *Gida-Bewegung, in der ausgehend von Dresden zahlreiche Fußballfans organisiert sind. Über allem leuchtet wie ein Stern jedoch die neue Willkommenskultur für Geflüchtete in Vereinen, Fankurven und Verbänden.

Von der Redaktion

Ende des Jahres – Zeit um Bilanz zu ziehen. Für das Engagement gegen Nazis und rechte Ideologien war 2015 ein gutes Jahr. In Sachsen-Anhalt verlor ein Nazi-Club seine Lizenz, die rechten "Hooligans Elbflorenz" aus Dresden wurden als kriminelle Vereinigung verboten, die "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa) zerlegten sich selbst, bei den FARE Aktionswochen im Oktober fanden über 2.000 Aktionen gegen Diskriminierung statt und Willkommenskultur für Flüchtlinge wird nicht mehr nur bei Sankt Pauli groß geschrieben. Als Wehrmutstropfen bleiben der anhaltende Mobilisierungserfolg der rassistischen *Gida-Bewegung, das ungestrafte Agieren von Nazi-Hooligans in Bremen und die anhaltende Homophobie im deutschen Fußball, wie die neue Studie von Christoph Rohlwing zu Homosexualität im deutschen Profifußball belegt.

Von HoGeSa zu Pegida

Am 25.Oktober versammelten sich knapp 1.000 Menschen zur Kundgebung "Köln 2.0" um den ersten Geburtstag von HoGeSa zu feiern. Anders als im Jahr zuvor fand sich so ein trauriger Haufen zusammen, dem 20.000 GegendemonstrantInnen die Stirn boten und strenge Versammlungsauflagen das erhoffte Revival vermiesten. Immerhin war Köln anders als der "Tag der Patrioten" in Hamburg, zu dem ebenso zahlreiche rechte Hooligans mobilisierten, nicht verboten worden. Anmelder Dominik Roeseler (Pro NRW) versuchte so auch das Beste aus Kundgebung in Köln zu machen und beschwor einen gemeinsamen Familiengeist – den zahlreiche BesucherInnen der Veranstaltung nicht teilen wollten und versuchten, die Kundgebung vorzeitig zu verlassen. Auch bei Veranstaltungen der Spaltprodukte "Gemeinsam Stark Deutschland" (GSD) und dem inzwischen wieder aufgelösten "Bündnis Deutscher Hooligans" kamen jeweils nur wenige Teilnehmende. Mit gerade einmal 400 Menschen erreichte GSD in Ludwigshafen beim "Jahrestag der überparteilichen Islamkritik" mit dem bekannten Anmelder Dominik Roeseler sein Maximum. Mehr als 1.000 DemonstrantInnen stellten sich dem entgegen.

Es bleibt zu verzeichnen, dass die rechten Hooligans den Schulterschluss mit organisierten Neonazis trotzdem weiter suchen. Lebensgefährlich wurde das für einen Mann aus der Wuppertaler Antifa-Szene, der von zwei HoGeSa-Anhängern mit Messerstichen verletzt wurde, im Krankenhaus aber gerettet werden konnte. Und auch bei den zahlreichen rassistischen *Gida-Bewegungen treffen die Hooligans auf offen Arme. Im Ursprungsort Dresden stellen Fußballfans der Kategorie C weiter einen festen Kernen der montäglichen Märsche, in Leipzig wird Legida aus dem rechtsoffenen Fußballumfeld organisiert. Auch in anderen Städten wie Düsseldorf bleiben gewaltbereite Fußballfans fester Bestandteil rassistischer Demonstrationen. Und in manchen Stadien wird das Klima für antirassistische Fußballfans getragen vom Erfolg der Rechten auf der Straße rauer.

Immerhin fällte im Januar der Bundesgerichtshof mit dem Verbot der rechten "Hooligans Elbflorenz" aus Dresden als kriminelle Vereinigung nach Paragraph 129 ein Präzedenzurteil, nach dem sich einige rechte Hooligangruppen wie "Standarte Bremen" vorsorglich selbst auflösten. Trotzdem können die Sicherheitsorgane die Gruppen für vergangene Straftaten weiter zur Verantwortung ziehen und auch Überwachungsmaßnahmen installieren.

Bremen: Nazi-Hooligans auf freiem Fuß, linker Ultra wieder in U-Haft

Wenig Gebrauch davon scheinen jedoch die Bremer Sicherheitsbehörden zu machen. Im Frühjahr nahmen die Angriffe von Nazis und Hooligans auf linke Werder Fans in der Hansestadt wieder zu. Nach dem Heimspiel gegen den Hamburger SV ereigneten sich regelrechte Jagdszenen, die Polizei reagierte kopflos und trieb die linken Fußballfans schließlich in die Richtung der rechten Hooligans zurück. Vor einer bei Hooligans beliebten Fußballkneipe eskalierte die Situation schließlich in gewalttätigen Auseinandersetzungen. Im Nachgang kam es zu einer Festnahme – gegen einen jungen linken Werder-Fan, der bis 12. November in Untersuchungshaft saß. Und fünf Wochen später wieder festgenommen wurde, obwohl er sich wie sein Anwalt Horst Wesemann schreibt, "penibel an die Auflagen" hielt. Die Staatsanwaltschaft hatte Berufung gegen die Aufhebung der Untersuchungshaft eingelegt. Zu Ermittlungen gegen bekannte rechte Hooligans und Gewalttäter wie "Kategorie C" Sänger Hannes Ostendorf ist bis jetzt nichts bekannt. Diese riefen wiederholt ungehindert mittel Steckbriefen zu Selbstjustiz gegen vermeintliche "Antifa - Ultras - Gewalttäter" wie Fanprojektmitarbeiter Daniel Behm oder Journalistin Andrea Röpke auf.

Flüchtlinge Willkommen heißen

Erfreulich bleibt das Szene- und Liga-übergreifende Engagement für Asylsuchende und gegen Rassismus im deutschen Fußball. Anders als *Gida-Mobilisierungserfolge und rechte Parolen vermuten lassen, sind Fans, Vereine und Verbände ausnehmend solidarisch mit den nach Deutschland Geflohenen. In Potsdam-Babelsberg und München wurden unabhängig voneinander Flüchtlingsteams gegründet, die im laufenden Liga-Betrieb antreten und erfolgreichen spielen. Vereinsübergreifend werden jedes Wochenende Hunderte Eintrittskarten für Asylsuchende zur Verfügung gestellt, die gemeinsam mit dem eingesessenen Fans Spiele beim VfL Bochum, Werder Bremen, Borussia Dortmund, VfB Oldenburg oder Dynamo Dresden besuchen. Während der diesjährigen FARE Aktionswochen setzten die meisten Fanszenen mit ihren Aktionen die Idee von "Refugees Welcome" ganz praktisch um, organisierten Fußballturniere, Kochabende, sammelten Spenden und veranstalteten Benefizkonzerte. In einem Fußball, dessen Teams seit den frühen 1990er Jahren positiv von Migration geprägt sind, ist es für viele Fans einfach eine Selbstverständlichkeit, sich auch Flüchtlingen gegenüber offen zu zeigen. Sogar die Deutschen Fußballverbände DFB und DFL legten gemeinsam mit der Bundesregierung ein finanzstarkes Programm auf, um Asylsuchende Willkommen zu heiße; der DFB erleichtert laufend die Integration in die örtlichen Fußballvereine. Abseits von Korruptionsvorwürfen und einer gekauften WM 2006 ist das Programm jedenfalls auch ein Verdient von Wolfgang Niersbach.

Als die BILD Zeitung ebenfalls auf den Zug aufspringen wollte und eine Willkommens-Kampagne mit den deutschen Profivereinen und der DFL auflegte, erteilten allerdings zahlreiche Vereine und noch mehr Fanszenen eine Absage. Nachdem das Boulevardblatt in den vergangenen Jahren immer wieder mit rassistischen Schlagzeilen eine Stimmung der ganz anderen Art schürte, sollten die 36 Bundesliga-Mannschaften an den Trikotärmeln Badges der durch die BILD gestifteten "Wir helfen" Kampagne tragen. Als erster Club sagte der FC Sankt Pauli die Teilnahme ab – neun Zweitligisten und zwei Erstligisten stellen sich auf die Seite des FCP. Anstatt einer gelungenen BILD-Kampagne prägten an dem Fußballwochenende im September zahlreiche "BILD not welcome" Banner die Stadien und die Fanszenen hielten dazu Transparente hoch, um Flüchtlinge Willkommen zu heißen.

Es wird sich zeigen, wie es im Fußballjahr 2016 weiter geht. In eigener Sache sei noch einmal erwähnt, dass dieses Jahr die erste Broschüre von Fussball-gegen-nazis.de erschien, die das langjährige Engagement gegen Nazis und rechte Ideologie im Fußball zusammenfasst und würdigt. Sie kann hier herunter geladen oder als kostenfreie Printausgabe bestellt werden– solange der Vorrat reicht.

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Angriff mit Ansage: Rechte Hooligans verwüsten Leipziger Stadtteil

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In wenigen Minuten zerstörten etwa 250 rechte Hooligans im Leipziger Stadtteil zahlreiche Geschäfte, auch Passanten wurden angegriffen und eine Dachgeschosswohnung ging in Flammen auf. Seit der Pogromnacht 1938 gab es in Leipzig keinen derart massiven Angriff.
Flickr.com // CC // De Havilland
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Am Jahrestag der Leipziger Ablegers der Pegida-Bewegung versammelte diese alle Kräfte in der Messestadt. Parallel verübte eine Gruppe von 250 rechten Hooligans einen offenbar geplanten Angriff auf den politisch links geprägten Stadtteil Connewitz, zerstörte Geschäfte und setzte ein Wohnhaus in Brand. Die Polizei konnte 211 Angreifer in Gewahrsam nehmen. Amadeu Antonio Stiftung und Roter Stern Leipzig rufen nun zu Spenden für die Betroffenen auf.

Von Laura Piotrowski

Die Wolfgang Heinze Straße gleicht noch in der Nacht einem Kriegsschauplatz. Zum Jahrestag des islamfeindlichen Pegida-Ablegers Legida haben 250 rechte Hooligans die Straße im linken Szeneviertel Connewitz angegriffen. Sie entglasten Schaufensterscheiben von Läden und Gaststätten, griffen PassantInnen an, drangen in ein Restaurant ein und setzten eine Dachgeschosswohnung in Brand. Eines der ersten Ziele des offensichtlich geplanten Angriffs war der Vereinsladen vom Roten Stern Leipzig, einem linken Fußballclub der Messestadt. Polizeisprecher Andreas Loepki unterschätzte am Abend den Angriff wohl deshalb als "Fußballrivalität", die Angreifer stammen von Lokomotive Leipzig und dem Halleschen FC. Beide Vereine verbinden eine Fanfreundschaft und die politische Ausrichtung großer Teile der Anhängerschaft weit nach rechts.

"Die Taten erfüllten in Gänze den Tatbestand des schweren Landfriedensbruchs, wobei die Gruppierung durch Einsatzkräfte kurze Zeit später fast vollständig festgesetzt werden konnte. Die 211 Personen waren zu einem nicht unerheblichen Teil bereits als ´rechtsmotiviert´ und/oder ´Gewalttäter Sport´ aktenkundig sowie aufgrund mitgeführter Utensilien dem Fußballfanklientel zuzuordnen", erklärte Loepki noch in der Nacht in einer Pressemitteilung.

Bei Legida blieb es laut Polizeiangaben weitestgehend friedlich. Trotz des Aufrufs an die Verbündeten in Chemnitz (Cegida) und Dresden (Pegida) versammelten sich nur 3400 Menschen zum gemeinsamen Jahrestag. Lutz Bachmann und Tatjana Festerling gaben sich ein Stell-Dich-Ein. Als Stargast eroberte Hannes Ostendorf die Bühne, er ist Sänger der rechten Hooliganband Kategorie C und gab zur Akustikgitarre den Song "Leipzig gegen Salafisten" zum Besten. Ostendorf heizte mit seiner Musik schon die Demonstrationen der Hooligans gegen Salafisten an. Wenige Stunden zuvor war eine parallel geplante Veranstaltung der rechten "Offensive für Deutschland" (OfD) von Ex-Legida-Organisator und Fußballhooligan Silvio Rösler abgesagt wurden. Via Facebook rief die OfD ihre AnhängerInnen dazu auf, an der Legida-Veranstaltung teilzunehmen.

Ausschreitungen mit Ansage

Während sich 2800 GegendemonstrantInnen bei den No-Legida Veranstaltungen versammelten, begaben sich 250 Hooligans auf den Weg nach Connewitz. Mit sich führten sie ein Plakat der Aktion "Leipzig bleibt helle", die sich unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) mit einer Lichterkette um die Leipziger Innenstadt gegen die Ideologie der Legida-Demonstration richtete.  

Die vom Verfassungsschutz beobachtete "Brigade Halle" rief öffentlich zur Gewalt in Leipzig auf. (Quelle: Störungsmelder)

Dass es am 11.01. in Leipzig zu rechten Ausschreitungen kommen könnte, war nach dem im Dezember missglückten "Sturm auf Connewitz" der Partei "Die Rechte" zu erwarten. Via Facebook versprach auch die "Freie Kameradschaft Dresden" eine "Überraschung" am Abend der Legida-Demonstrationen an, wie das Onlinemagazin Alternative Dresden News berichtet. Auf Twitter kündigte die vom Verfassungsschutz beobachtete Nazigruppe "Brigade Halle" einen "Sturm auf Leipzig" an. Schon im Dezember hatten Nazis und Rechte eine Sterndemonstration in dem links geprägten Leipziger Süden geplant. Parallel sollten drei Demonstrationen, die von der Partei "Die Rechte", "Anne aus Meißen", einem ehemaligen Mitglied der rechtsextremen Initiative "Heimatschutz Meißen", und von Silvio Rösler angemeldet wurden, laufen. Schließlich wurde aber nur eine kurze Route durch die Leipziger Südvorstadt genehmigt. "Zwischen Legida und zahlreichen rassistischen Aufmärschen scheinen insbesondere Die Rechte und die ´Offensive für Deutschland´ um die Relevanz zu ringen, die ihr bisher versagt bleibt", erklärte Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Die Linke) dazu.

Timo Reinfrank ist Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung und gut mit den Verhältnissen in Sachsen vertraut. Die Stiftung arbeitet u.a. in Sachsen gegen Rechtsextremismus und zur Demokratieförderung. "Es ist mir unklar, warum ein Angriff mit Ansage und solchen Ausmaßes in Sachsen nicht verhindert werden konnte. Besonders, da sich das Land ein Operatives Abwehrzentrum der Polizei mit Sitz in Leipzig leistet, welches auf rechtsextreme Straftaten spezialisiert ist." Das Operative Abwehrzentrum ist mit dem Sächsischen Verfassungsschutz verzahnt, dem die oben genannten Aufrufe zur Gewalt in Leipzig nicht entgangen sein sollten.

Unklar, wie hoch Schaden und Verletztenzahlen sind

Am Morgen nach dem Angriff ist man in Leipzig-Connewitz damit beschäftigt, die Scherben aufzukehren. In der Leipziger Volkszeitung berichten Augenzeugen von der Nacht. David und Steffen haben die Randale miterlebt, hielten sie erst für eine linke Spontandemonstration, bis sie sahen, dass sich ihnen Hooligans mit Hass-Masken in Farben von Lok Leipzig näherten, der Verein ist für seine rechte Anhängerschaft bekannt. Zunächst zogen die mit Autos angereisten Hooligans schweigend über die Straße, nach wenigen Hundert Metern erreichten sie vom Verkehrsknotenpunkt Connewitzer Kreuz aus ihr erstes Ziel in der Wolfgang Heinze Straße. "Die begannen jetzt, komplett alle Fenster der Straße einzuwerfen und einzuschlagen. Fünf oder sechs von denen sind auch in den Imbiss ‚Shahia‘ rein. Als dann dort noch Bänke und Stühle aus den zerstörten Fenstern hinausflogen, wusste ich, jetzt muss ich weg ", erzählt David in der LVZ. Neben dem arabischen Restaurant Shahia gingen unter anderem auch Scheiben im Laden des Fußballvereins Roter Stern Leipzig, im Waschsalon, in den Bars "Könich Heinz", "Bill Hart" und "Goldfisch" sowie beim Augenoptiker Staske zu Bruch. "Als die Gruppe dann in die Auerbachstraße direkt vor dem Kreuz einbog, kamen etwa 20 bis 30 Polizisten und versuchten den Mob einzukesseln. Die waren aber natürlich absolut in der Unterzahl. Einige der Hooligans konnten über die Hinterhöfe noch entkommen, aber einen Großteil bekamen die Polizisten trotzdem unter Kontrolle", erzählen die Zeugen weiter. Mit Gefangenentransportern und einem Linienbus brachte die Polizei schließlich 211 Angreifer zur Identitätsfeststellung auf die Wache.

Nicht bestätigen ließ sich die Meldung der BILD-Zeitung, nach der im weiter entfernten Stadtteil Plagwitz ebenfalls eine Gruppe von 50 rechten Hooligans von der Polizei festgesetzt worden sei. 

In der Nacht riegelte die Polizei Connewitz hermetisch ab. (Quelle: Flickr.com // CC // De Havilland)

Amadeu Antonio Stiftung und Roter Stern Leipzig rufen zu Spenden auf

Unklar bleibt die Zahl der Verletzten und die Höhe des Sachschadens. Als der Angriff der Hooligans begann, konnten sich Augenzeugen zufolge zahlreiche PassantInnen in umliegende Bars und Geschäfte retten. Die Hooligans scheinen nur ins Shahia Restaurant eingedrungen zu sein. Die Vereinsräume des Roten Stern Leipzig waren aufgrund vergangener Angriffe besser geschützt, die Fenster baulich verstärkt worden. Gemeinsam mit der Amadeu Antonio Stiftung ruft der Verein nun zur Spendensammlung für die Betroffenen der Attacken auf. Geschäftsführer Reinfrank zeigt sich gegenüber Fussball-gegen-nazis.de geschockt: "Durch die gestrigen Angriffe auf die belebten Geschäfte in Connewitz und den Brand in einem bewohnten Haus sind Menschen zu Schaden gekommen. Connewitz ist alternativ und migrantisch geprägt, die Attacken haben damit eine hohe Signalwirkung. Unsere Sorge und Unterstützung gilt nun den Betroffenen." Stadthistoriker Sascha Lange bezeichnete den Angriff als den massivsten seit der Pogromnacht im November 1938.

Die sächsische Landtagsfraktion der Linken hat nach den Hooligan-Krawallen von Leipzig die CDU aufgefordert, das Thema rechte Gewalt auf die Tagesordnung zu nehmen. Jahrelang habe die Union ein verengtes Bild von Heimat in Sachsen zelebriert und alternative Szenen wie im Leipziger Stadtteil Connewitz als Feindbild abgestempelt, erklärte Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt. "Auf dem Wohn- und Lebensumfeld dieser Menschen trampeln nun Hooligans, deren Verflechtungen mit Nazi-Strukturen bekannt sind, mit Gewalt und Zerstörungswut herum."

 

Laut Pressemitteilung zur Spendenaktion sollen diese an die Läden und Geschäfte gehen, die direkte Schäden (Schaufenster, Inneneinrichtung usw.) zu begleichen haben, insbesondere jene ohne Versicherungsschutz. Spenden können Sie unter:

Opferfonds CURA der Amadeu Antonio Stiftung, Stichwort: Leipzig
GLS Bank Bochum
IBAN: DE75 4306 0967 6005 0000 02
BIC: GENODEM1GLS
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Hooligan Demo floppte in Dortmund

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Zur Kundgebung von Gemeinsam Stark Deutschland kamen zwar nur wenige Hundert Menschen, unter ihnen war der Anteil von Neonazis jedoch besonders hoch.
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Eintausend Teilnehmende hatte die Polizei zur Demonstration der Hooligans von "Gemeinsam Stark Deutschland" in Dortmund erwartet – letztlich kamen nur einige Hundert. Trotz der geringen Zahl muss auf die Gefährlichkeit der Versammelten hingewiesen werden, die sich teils in mutmaßlich rechtsterroristischen Kreisen zu Hause fühlen. 

Von Robin Dullinge

Der extrem rechte Verein „Gemeinsam Stark Deutschland“, eine Abspaltung der „Hooligans gegen Salafisten“, versuchte am 8. Oktober 2016 nach zwei Jahren erneut in Dortmund zu demonstrieren, um Stärke zu beweisen. Rund 300 Teilnehmende hatte der Anmelder und Neonazi Marcel Kuschela, auch bekannt unter dem Namen „Captain Flubber“, bei der Dortmunder Polizei angekündigt. Unter dem Motto „Schicht im Schacht – Gemeinsam gegen den Terror“ wollten Neonazis und rechte Hooligans eigentlich durch die Dortmunder Innenstadt ziehen. Das Oberverwaltungsgericht in Münster folgte jedoch einer Argumentation der Polizei und wandelte die Demonstration in eine Kundgebung um.

Mit Terrorismus gegen den Terror?

Der Anmelder hatte zwar nur rund 300 Teilnehmer_innen angekündigt, erwartet wurden m Vorfeld, auch wegen einer bundesweiten Mobilisierung rund 1.000 Neonazis und rechte Hooligans. Durch den Auflagenbescheid der Dortmunder Polizei und eine engmaschige Polizeitaktik kamen letztendlich nur 500 Menschen zur Kundgebung. Überwiegend bekannte Neonazis und kaum organisierte rechte Hooligans fanden so den Weg nach Dortmund.

Auch wenn die Versammlung damit unter den Erwartungen blieb und die befürchteten Ausschreitungen ausblieben, wird insbesondere nach Recherchen von „Recherche Nord“ deutlich, dass sich der Verein „Gemeinsam Stark Deutschland“ in mutmaßlich rechtsterroristischen Kreisen bewegt. So nahmen unter Anderem Marco Gottschalk, Frontmann der „Combat 18“-Band „Oidoxie“ an der Kundgebung teil, die sogar einen Live Auftritt hatten. Auch ein Brieffreund von Beate Zschäpe, Robin Schmiemann, der Teil einer „Combat 18“-Zelle in Dortmund gewesen sein soll, war bei der Versammlung zugegen. Letztlich fand auch der als Gründer und Anführer von „Combat 18“ geltende britische Neonazi William „The Beast“ Browning den Weg nach Dortmund. Unterstützung gab es auch von niederländischen Neonazis, die sich teilweise in rechtsterroristischen Kreisen organisieren.

Kaum organisierte Hooligangruppen in Dortmund

Offenbar hatte „Gemeinsam Stark“ versucht an die erste Kundgebung von „HoGeSa“ in Dortmund anzuknüpfen, die als Vorbote für die Ausschreitungen am 26. Oktober 2014 bei der „HoGeSa“ Demonstration in Köln gilt. Doch entgegen der Erwartungen nahmen kaum organisierte Hooligan-Gruppen an der Demonstration teil. Neben der neonazistischen Hooligan-Gruppe „Borussenfront“ waren kaum „echte“ Hooligans zugegen. Vielmehr wurde es zu einem zweiten „Tag der deutschen Zukunft“ und einem Zusammenkommen von diversen Menschen, die sich zwar als Hooligans definieren, im Stadion und in klassischen fußballbezogenen Schlägereien jedoch keinerlei Relevanz haben.

Noch vor zwei Jahren hatte „HoGeSa“ diverse rechte Hooligan-Gruppen aus der gesamten Bundesrepublik mobilisieren können, so dass am Ende rund 4.000 Teilnehmer_innen zusammen kamen. Aus Nordrhein-Westfalen beteiligten sich damals diverse Hooligans aus Düsseldorf und Bochum an der Demonstration.

Zwischen Technikpanne und Alkoholkonsum

Probleme hatten die Organisator_innen der Demo vor allem mit der Technik. Mit eineinhalb Stunden Verspätung startete die Kundgebung mit Redebeiträgen von Tatjana Festerling, Edwin Wagensfeld (beide „Festung Europa), und Torsten Frank („Bekenntnis für Deutschland“). Währenddessen zog es viele Teilnehmer_innen dauerhaft in den Hauptbahnhof, vor allem um Alkohol zu konsumieren. Dabei wurden, wie die TAZ berichtet, beispielsweise auch migrantische Passant_innen angepöbelt und volksverhetzende Lieder in der Bahnhofstoilette gesungen.

Bereits um 17 Uhr beendeten die Organisator_innen die Kundgebung, nachdem ihnen rund die Hälfte aller Teilnehmer_innen quasi davon gelaufen war. Viele von ihnen verpassten den Kurzauftritt der Rechtsrock-Band „Oidoxie“, weil offenbar auch sie nicht mehr damit rechneten, dass diese auftreten würden. Für „Gemeinsam Stark Deutschland“ dürfte die Veranstaltung somit größtenteils frustrierend gewesen sein, selbst aus den eigenen Reihen ernteten die Teilnehmer_innen massive Kritik wegen des hohen Alkoholkonsums.

Am Ende bleibt dennoch ein fader Beigeschmack in Anbetracht dessen, dass es sich auch um ein Get-Together von Akteur_innen aus dem mutmaßlich rechtsterroristischen Spektrum handelte. Dortmund war damit zum zweiten Mal in wenigen Monaten der Ort für eine solche Zusammenkunft, was zeigt, dass vor den zivilgesellschaftlichen Kräften noch eine Menge Arbeit liegt bevor „Es reicht!“ tatsächlich auch in Taten umgesetzt werden kann.

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Der FSV Zwickau und sein Problem mit dem Rassismus

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Zwickauer Fans zeigten beim Spiel gegen den SV Babelsberg im November 2015 ihre homophobe Einstellung durch eine aufblasbare Banane mit der Aufschrift “Schwuchteln”. Bananen werden darüber hinaus häufig rassistisch motiviert gegen Schwarze Spieler eingesetzt, u.a. als Wurfgeschoss.
Screenshot // Ultrapeinlich.tumblr.com
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http://ultrapeinlich.tumblr.com/post/132598105085/1112015-sv-babelsberg-fsv-zwickau-zwickauer?is_related_post=1

Am Samstag gastierte der Absteiger FSV Frankfurt beim Aufsteiger FSV Zwickau. Das Spiel endete 1:1, doch am Ende steht Zwickau wieder einmal wegen mutmaßlich rassistischer Rufe seiner Fans im Fokus. Frankfurts Trainer Roland Vrabec beklagte Affenlaute als sein Schwarzer Spieler Shawn Berry am Ball war.

Von Robin Dullinge

"Ich weiß jetzt auch nicht, ob wir jedes Vierteljahr mit irgendwelchen Vorwürfen derart konfrontiert werden müssen." - Das sagte der Kapitän des FSV Zwickau, Toni Wachsmuth, nach dem Spiel zum MDR. Im April dieses Jahres spielte der FSV Zwickau um den Aufstieg in die dritte Liga und damit auch beim Berliner AK. Beim BAK gibt es traditionell eine große Anzahl türkischer Anhänger, kurzzeitig hieß der Verein sogar „Berlin Ankaraspor Kulübü 07 e. V.“. Nach einem Treffer des FSV Zwickau soll in Richtung der türkischen Fans„Ziegenficker“ und „Wer nicht wippt, der ist ein Türke“ gerufen worden sein. Im Nachgang hieß es von Seiten des FSV, die Fans hätten „Wer nicht wippt, der ist ein Schachter“ gerufen.

Ein weiterer Blick zurück: Im November 2015 hält Cem Efe, Trainer des SV Babelsberg, in der  Pressekonferenz eine Brandrede gegen Rassismus. Voran gegangen waren Äußerungen von Torsten Ziegner, Trainer vom FSV Zwickau und Marc-Philipp Zimmermann, Spieler des FSV. Diese hätten sich gegenüber einzelnen Spielern und Fans des SV Babelsberg rassistisch geäußert. Beim gleichen Spiel präsentierten Fans des FSV eine Banane mit der Aufschrift „Schwuchteln“, was vom Blog „Ultrapeinlich“ dokumentiert wurde.

Wer ein wenig recherchiert, wird auf weiteres diskriminierendes Gedankengut innerhalb der Zwickauer Fanszene stoßen. Allen voran der „A Block“ fällt hier mehrfach, auch durch teils neonazistische Parolen, auf. Im Dezember 2011 berichtete die Zeitung „Jüdische Allgemeine“ vom antisemitischen „U-Bahn Lied“, „Sieg Heil“-Rufen und Verherrlichung von Rechtsterrorismus. Zunächst soll die Vereinsführung geschockt reagiert haben, anschließend sei sie zurück gerudert. Von „gezielt überzogenen und nicht zutreffenden Informationen“ sprach der Vorstand damals.

„Lasst uns endlich damit in Ruhe!“

Der FSV Zwickau hat sich bereits bei Twitter und Facebook zu den Vorwürfen geäußert. Zunächst heißt es dort nur eine einzige Person habe angeblich etwas gehört. „Lasst uns endlich damit in Ruhe!“, fordert der Verein offenbar in Richtung seiner Kritiker. Eine Stufe weiter geht es bei Facebook. Hier behauptet der Verein, man habe Frankfurts Trainer nach dem MDR-Interview gefragt und „da wusste er von nichts“. Ohnehin könne „keiner der 4.000 Anwesenden Zuschauer und Medienvertreter die Richtigkeit seines Wutausbruches bestätigen – KEINER!!!“, heißt es weiter.

Entgegen der letzten Verlautbarungen von Zwickau, berichten jedoch weitere Fans von rassistischen Äußerungen. Sybille und Andreas, Fans des FSV Frankfurt geben wieder, dass sie die Affenlaute gegen Frankfurts Spieler Shawn Berry ebenfalls gehört haben. Ein Groundhopper, Fan des FSV Frankfurt und Twitter-User, schildert dass er zwar keine Affenlaute gehört habe, Berry jedoch vereinzelt als „Neger“ und „Affe“ beschimpft wurde. Nach Spielende hieß es weiter er solle „in den Busch gehen“.

In geschlossenen Facebookgruppen von Fans des FSV Frankfurt wird zudem geschildert, dass der Ordnungsdienst sich darüber gefreut haben soll, dass Zwickau „eine Mannschaft ohne Neger“ habe. Da der Verein auf Erwähnungen reagiert hat, wird ihm dieser Tweet nicht entgangen sein. Dort wird schon kurz vor Ende des Spiels von rassistischen Äußerungen berichtet.

Von Traditionen und Verschwörungen

Es macht den Anschein, dass der FSV Zwickau sich bislang nicht darum bemüht hat, die Vorwürfe zu widerlegen oder ihnen nachzugehen. Vielmehr kann man den Eindruck gewinnen, der gesamte Verein sieht sich als Opfer einer Verschwörung. Fest steht jedenfalls: Selbst wenn es nicht zu den Affenlauten gegen Shawn Berry kam, Zwickau hat trotzdem ein Problem mit (extrem) rechten Tendenzen in der Fangemeinde. Belege dafür konnten in den vergangenen Jahren zur Genüge gesammelt werden.

Dem Verein fehlt eine Auseinandersetzung und damit auch eine Sensibilisierung der Fans für Themen wie Neonazismus und Diskriminierung. Schade ist, dass der Verein sich als Opfer betrachtet, statt notwendige Mittel zu ergreifen gegen diskriminierendes Verhalten seiner Fans vorzugehen. Die Anzahl der Vorfälle spricht außerdem dafür, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, auch wenn nur vereinzelt diskriminierende Äußerungen wahrgenommen wurden. Jedem Vorwurf muss erst einmal nachgegangen werden. Die reflexartige Haltung untermauert nur, dass der Verein ein massives Problem hat und dass dieses auch in Zukunft Thema bleiben wird.

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